Gute Koordination sicherstellen

Im Rahmen der nationalen Studie SPOTnat wurde untersucht, welche Zusammenhänge zwischen externen und betriebsbezogenen Merkmalen mit der Koordination von Gesundheitsdienstleistungen durch die Spitex bestehen. Es zeigt sich zum Beispiel, dass Überstunden sowie fehlender gegenseitiger Respekt und fehlendes Vertrauen in der Spitex-Organisation negativ mit der Koordination zusammenhängen.

Die Koordination von Gesundheitsdienstleistungen ist eine tägliche Herausforderung für die Spitex. Sie war ein Hauptthema in der gesamtschweizerischen, multizentrischen Querschnittstudie SPOTnat, einem Forschungsprojekt des Instituts für Pflegewissenschaft der Universität Basel. Für diese wurden zwischen Januar und September 2021 verschiedene Daten über die Spitex-Organisationen und ihre Mitarbeitenden, Klientinnen und Klienten sowie deren Angehörige gesammelt1 – das «Spitex Magazin» hat mehrfach berichtet. Mit Hilfe des COORA Modells (vgl. Spitex Magazin 5/2023) ging das Forschungsteam auch der Frage nach, wie Systemfaktoren (externe Faktoren) und Betriebscharakteristika mit der vom Personal wahrgenommenen Koordination von Gesundheitsdienstleistungen zusammenhängen.

Das vereinfachte COORA-Koordinationsmodell. Illustration: zvg

Überstunden mit negativem Zusammenhang
In den Analysen fanden die Forschenden keine Hinweise auf Zusammenhänge zwischen den untersuchten externen Faktoren (Restfinanzierung und Höhe der Patientenbeteiligung) und der Koordination. Sie stellten jedoch sehr wohl Einflussfaktoren bei den Betriebscharakteristika fest: Überstunden und eine höher wahrgenommene Arbeitsbelastung hingen negativ mit der Koordination zusammen, eine höher wahrgenommene Personalbesetzung positiv.

Ein wichtiges Ergebnis dieser Studie war, dass fast alle untersuchten impliziten Koordinationsmechanismen signifikant mit der vom Personal wahrgenommenen Koordination zusammenhingen – dazu gehören «Rollenklarheit», «gegenseitiger Respekt und Vertrauen» sowie «Verantwortlichkeit, Vorhersehbarkeit und eine gemeinsame Perspektive». Explizite Mechanismen (vgl. Tabelle), mit Ausnahme der «Kommunikation und Informationsaustausch», hingen jedoch nicht mit der wahrgenommenen Koordination zusammen. Bei den Analysen zeigte sich, dass geeignete Koordinationsprozesse den Zusammenhang zwischen wahrgenommener Personalbesetzung und Koordination abschwächen. Das heisst: Die Anwendung von geeigneten Koordinationsprozessen kann die Aufrechterhaltung einer guten Koordination unterstützen, selbst wenn die Arbeitsbelastung und die Überstunden höher sind.

Die Resultate zeigen, dass dem Thema Koordination insgesamt mehr Aufmerksamkeit auf allen Ebenen geschenkt werden sollte.

Forschungsteam der Universität Basel

Es braucht eine gute Arbeitsplanung
Die Resultate zeigen, dass dem Thema Koordination insgesamt mehr Aufmerksamkeit auf allen Ebenen geschenkt werden sollte. Es braucht passende Rahmenbedingungen für eine gute Koordination auf der Organisationsebene – zum Beispiel eine angemessene Arbeitsplanung und Personalbesetzung. Ebenfalls braucht es adäquate Prozesse und Austauschmöglichkeiten innerhalb der Spitex-Teams und mit den verschiedenen Dienstleistungserbringern, um nicht nur die expliziten, sondern besonders auch die impliziten Koordinationsmechanismen zu fördern. Und zu guter Letzt ist eine bewusste Gestaltung der Koordination durch fallführende Pflegefachpersonen unabdingbar, um eine gute Koordination der Dienstleistungen zu gewährleisten.

Für die Spitex-Organisationen bieten die Studienresultate die Möglichkeit, ihre eigene Situation zu reflektieren. Die zukünftige Nachfrage nach Spitex-Dienstleistungen wird nicht nur in Bezug auf die Anzahl der Klientinnen und Klienten, sondern auch in Bezug auf die Breite der Angebote steigen – und damit auch den Koordinationsbedarf steigern.

Autorinnen: Nathalie Möckli, Franziska Zúñiga, Tania Martins, Diana Trutschel, Carla Meyer-Massetti. Mehr Informationen im folgenden Artikel (auf Englisch):

Möckli N, Simon M, Denhaerynck K, Trutschel D, Martins T, Meyer-Massetti C, Zúñiga F. How external and agency characteristics are related to coordination in homecare – findings of the national multicenter, cross-sectional SPOTnat study. BMC Health Serv Res. 2024;24(1):367. 

Externe FaktorenBetriebscharakteristikaExplizite KoordinationsmechanismenImplizite KoordinationsmechanismenKoordination
– Restfinanzierung
– Höhe der Patientenbeteiligung
– Versorgungspflicht, Leistungsspektrum (z.B. spezialisierte palliative oder onkologische Pflege)
– Anteil dipl. Pflegefachkräfte
Arbeitspensum des Personals
Berufserfahrung im Betrieb
Wahrgenommene Personalbesetzung
Wahrgenommene Arbeitsbelastung
Überstunden

– Kommunikation und Informationsaustausch
Vorhandensein von:
– Standards/Richtlinien
– Fallverantwortliche/Case Managers
– Austauschgefässen
– Elektronischer Datenaustausch mit Ärzteschaft

– Kenntnisse über das Gesundheitssystem
– Möglichkeit zur Weiterbildung
– Rollenklarheit
– Gegenseitiger Respekt und Vertrauen
– Verantwortlichkeit, Vorhersehbarkeit, gemeinsame Perspektive

– Wahrgenommene Koordination von Gesundheitsdienstleistungen
  1. https://spotnat.nursing.unibas.ch/ ↩︎

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