SHIP reduziert den Aufwand in der Patienten-administration
SHIP (Swiss Health Information Processing) automatisiert im Gesundheitswesen den Datenaustausch zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern. In einem Pilotprojekt testen drei Spitex-Organisationen die Anwendung von SHIP, danach soll die Software allen Spitex-Organisationen offenstehen.
KARIN MEIER. Die Digitalisierung der Patientenadministration im Gesundheitswesen ist eine zähe Angelegenheit. Einerseits beruht sie auf Freiwilligkeit. Andererseits finden sich in der Branche zahlreiche Akteure –
von Spitex-Organisationen über Fachärztinnen und Fachärzte, Pflegeheime und Spitäler bis hin zu Krankenversicherern –, die eine Vielzahl an IT-Programmen einsetzen. Allein für die ambulant praktizierenden Ärztinnen und Ärzte gibt es in der Schweiz über 70 Anwendungen. Einen Standard in all diese Systeme zu integrieren, der die Bedürfnisse aller Akteure abdeckt, ist ein entsprechend langwieriger Prozess und mit einem erheblichen Aufwand verbunden.
Erster Pilotbetrieb startete 2021
Der auf das Gesundheitswesen spezialisierte IT-Dienstleister SASIS ist diesen Weg gegangen: Das Unternehmen ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Krankenversicherungsverbands santésuisse. SHIP, kurz für «Swiss Health Information Processing», entstand 2017 aus dessen Branchenprojekt eKarus. 2020 wurde SHIP eine eigenständige Abteilung von SASIS. Im Frühling 2021 startete der erste Pilotbetrieb zwischen den Solothurner Spitälern und Helsana.
Seither sind laufend neue Akteure hinzugekommen, die SHIP nutzen. Gemäss Michael Stutz, der bei SASIS für SHIP zuständig ist, setzen rund 70 Prozent der Krankenversicherer und Spitäler an knapp 60 Standorten auf SHIP. Das Ziel ist klar: SASIS möchte so viele Akteure wie möglich für SHIP gewinnen. Und je besser dies gelingt, desto grösser ist auch der Nutzen für jede weitere Organisation, die SHIP integriert. Ein Rollout für Pflegeheime ist bereits angedacht. Auch mit den Kantonen laufen Gespräche für eine Einbindung von SHIP.
SHIP ist ein Meldesystem, das im Hintergrund läuft. «Der Benutzer arbeitet auf seinem gewohnten Software-System, in das SHIP integriert ist. Von SHIP kriegt er nur indirekt etwas mit, etwa durch bestimmte Pflichtfelder in der Eingabemaske», erklärt Michael Stutz. Sobald ein Patient in einem Spital erfasst wird, was über seine Versicherten- oder AHV-Nummer geschieht, stellt SHIP automatisch eine Verbindung zu seiner Krankenversicherung her. Der Datenaustausch erfolgt unmittelbar und automatisiert, weshalb die Leistungserbringer sofort Rückmeldungen erhalten, wenn zum Beispiel Kostengutsprachen erteilt werden, eine Behandlung beginnt oder ein Fall abgeschlossen wird. Zudem ist die Kommunikation standardisiert, was mehr Effizienz bringt. «SHIP reduziert die Durchlaufzeit pro Fall um 50 Prozent», sagt Michael Stutz. Bei einem Spital gingen die Rechnungsrückweisungen dank SHIP um 50 Prozent zurück und die Berichtsanfragen um 20 Prozent, wie gemessen werden konnte. «SHIP reduziert den administrativen Aufwand der Mitarbeitenden deutlich», sagt Michael Stutz.
Der Datenschutz habe bei SHIP oberste Priorität und entspreche vollumfänglich dem neuen Datenschutzgesetz: Das Meldesystem verläuft Punkt zu Punkt, das heisst direkt zwischen allen Beteiligten. Alle Daten sind verschlüsselt und werden nirgends zwischengespeichert, auch nicht bei SASIS. Der Kommunikationskanal ist ebenfalls verschlüsselt und es werden immer nur diejenigen Daten ausgetauscht, die für den aktuellen Prozessschritt benötigt werden.
Welche Prozesse mit SHIP abgedeckt sind, richtet sich nach den Bedürfnissen der Akteure und den eCH-Standards 1. Im Gesundheitswesen kommen verschiedene Standards zur Anwendung, für welche die Fachgruppe «Administration Gesundheitswesen» des Vereins eCH verantwortlich ist. Für die Spitex relevant ist der eCH-0237-Prozessstandard «Pflege». Dieser definiert, welche Inhalte für die Administration zwischen der Spitex-Organisation (oder einem Alters- und Pflegeheim), den anordnenden Ärztinnen und Ärzten sowie den Krankenversicherern wie gemeldet werden müssen. Die Mitarbeitenden von SHIP arbeiten eng mit der eCH-Fachgruppe zusammen und bilden mit ihrer Software die freigegebenen Prozesse ab.
SHIP reduziert den
administrativen Aufwand der
Mitarbeitenden deutlich.
MICHAEL STUTZ
Zuständiger für SHIP bei SASIS
Seit 2024 ist auch die Spitex dabei
Spitex Schweiz unterstützt die Anbindung der Software in ihren Organisationen: «Wir sind überzeugt, dass mit SHIP die administrativen Prozesse der Bedarfsabklärung zwischen Spitex-Organisationen, den Versicherern und bei Bedarf den verordnenden Ärztinnen und Ärzten harmonisiert und automatisiert werden und somit der administrative Aufwand erheblich reduziert werden kann», sagt Esther Bättig, wissenschaftliche Mitarbeiterin Grundlagen und Entwicklung von Spitex Schweiz.
Ab August läuft ein Pilotprojekt mit den Spitex-Organisationen Luzern, Grauholz und Bern sowie den ersten Krankenversicherern. Die Organisationen arbeiten mit der Software der Unternehmen root-service (Perigon) und myneva Schweiz (myneva.swing), in die SHIP bereits integriert wurde. Wichtig für den Erfolg des Pilotbetriebs sind laut Michael Stutz die anordnenden Ärztinnen und Ärzte. Weil für sie noch kein eigener eCH-Standard verfügbar ist, werden sie mit einer speziell für sie entwickelten E-Mail-Lösung in den Prozess des Datenaustauschs eingebunden. Die Anordnung des Pflegebedarfs erfolgt dadurch mit nur noch einem Klick – und dessen Weiterleitung von der Spitex an die Krankenversicherer sogar automatisch. Der Rollout für die übrigen Spitex-Organisationen soll unmittelbar nach dem Abschluss des Pilotbetriebs beginnen. Parallel dazu läuft die Integration des Pflegeprozesses bei weiteren Krankenversicherungen. Interessierte müssen sich allerdings nicht so lange gedulden: Sie können sich bereits jetzt bei SASIS melden.
Das «Spitex Magazin» wird nach dem Pilotprojekt über die Erfahrungen der Spitex-Organisationen berichten. Die Kontaktdaten von SASIS sind: ship-services@sasis.ch / 032 625 42 40 (www.ship-standard.ch)
- Der Verein eCH fördert, entwickelt und verabschiedet Standards im Bereich E-Government für eine effiziente elektronische Kooperation zwischen Behörden, Unternehmen und Privaten: www.ech.ch ↩︎