Effizientes Fehlermanagement erfordert Digitalisierung

Die Mitarbeitenden des SMZ Martigny und Region können bald jedes unerwünschte Ereignis über ein computergestütztes Tool melden. Dies spart Zeit und vereinfacht die Analyse der Vorfälle sowie die Nachverfolgung von deren Bearbeitung. Die Qualitätsverantwortliche Florence Meister hat an diesem Projekt mitgearbeitet.

FLORA GUÉRY. Ein Medikationsfehler, eine Leistungsverweigerung oder ein Sturz gehören zu den unerwünschten Ereignissen, welche Spitex-Mitarbeitende ihren Vorgesetzten melden müssen. Im sozialmedizinischen Zentrum (SMZ) von Martigny und Region VS erfolgt die Meldung solcher unerwünschter Ereignisse derzeit mithilfe eines Papierformulars – aber nicht mehr lange: Derzeit wird auf den SMZ-Tablets ein computergestütztes Tool1 in Form einer App implementiert, die mit einer Software verbunden ist, um ein effizientes Management von unerwünschten Ereignissen (auch: Fehlermanagement) zu garantieren.

«Dieses Tool wird es ermöglichen, einen Zwischenfall innert kurzer Frist zu melden, zu bearbeiten und seine Bearbeitung nachverfolgen zu können», erklärt Florence Meister, klinische Pflegefachfrau und seit 2020 Verantwortliche für die Pflegequalität im SMZ Martigny und Region. «Die Entwicklung der Qualität und Sicherheit der Pflege ist ein wichtiger Teil der Strategie unseres SMZ», fügt sie an.

Florence Meister verfügt über ein CAS in Pflegequalität und Beratung und hat vor Kurzem das Abschlussprojekt ihres DAS in Pflegequalität und -sicherheit beendet. Dessen Thema war die Einführung eines neuen CIRS (Critical Incident Reporting System), also eines Systems zum Rapportieren von Zwischenfällen für das SMZ Martigny et Régions. Im August 2021 wurde dieses sozialmedizinische Zentrum durch die Fusion der SMZ Martigny, Saxon und Entremont gegründet und zählt heute 390 Mitarbeitende. Die Fusion war einer der Gründe für die Standardisierung – und damit die Informatisierung – der Meldung von Zwischenfällen. «Im Rahmen meines DAS tauschte ich mich viel mit meinen Ausbildungskolleginnen und -kollegen aus, sodass ich sehen konnte, was anderswo in Bezug auf das Management von kritischen Zwischenfällen geschieht. Zudem konnte ich auf die Unterstützung eines Experten aus der Praxis zählen», berichtet Florence Meister. Um die richtige Software zu finden, klopfte die Steuerungsgruppe des Projekts, der Florence Meister angehört, an mehrere Türen auf kantonaler und interkantonaler Ebene. Denn in der Westschweiz gibt es kein «pfannenfertiges» computergestütztes Tool für das Fehlermanagement der Spitex. «Es gibt viele computergestützte Lösungen, aber wir haben uns für ein einfach zu bedienendes Tool mit einer geringen Anzahl auszufüllender Felder entschieden, das zudem die Möglichkeit bietet, die Meldungen zu anonymisieren», umreisst sie. «Und angesichts der Grösse unseres SMZ waren die Kosten für das Tool ebenfalls ein Auswahlkriterium.» Die Kosten werden nach Angaben der Geschäftsleitung des SMZ auf 30 000 bis 36 000 Franken geschätzt.

Die Entwicklung der Qualität und Sicherheit der Pflege ist ein wichtiger Teil unserer Strategie.

FLORENCE MEISTER

Verantwortliche Pflegequalität SMZ Martigny und Region

Ein im gesamten Betrieb eingesetztes Tool
Mit dem bestehenden System fehlt dem SMZ Martigny und Region ein Gesamtüberblick über die in Bearbeitung befindlichen Zwischenfälle, insbesondere über deren Anzahl und Typologie. Hinzu kommen Probleme mit der Rückverfolgbarkeit und der Vertraulichkeit. «Das Papierformular, das derzeit verwendet wird, umfasst fünf Seiten und dient sowohl zur Meldung von kritischen Zwischenfällen als auch zur Meldung von Verbesserungsvorschlägen», erklärt Florence Meister. Ihrer Meinung nach befürworten die Mitarbeitenden die Einführung einer effizienten Software, welche die Meldung von Vorfällen erleichtern und fördern sollte. «Wir müssen sie aber noch genau über dieses Tool informieren und sie darin schulen», sagt sie. Ursprünglich sollte sich das Projekt auf die Pflegeteams beschränken, aber schliesslich wurde es doch ausgeweitet und wird nun in allen Abteilungen des SMZ eingeführt.

Das Hauptziel: Bis Ende Oktober 2023 sollen 90 Prozent der Meldungen kritischer Zwischenfälle über das spezifische Computerprogramm erfolgen. Ein sekundäres Ziel ist die Distribution der internen Richtlinien zum Umgang mit den unerwünschten Ereignissen an alle Mitarbeitenden bis zum 1. Juni 2023. Die Direktion des SMZ Martigny und Region möchte nämlich, dass das neue System zur Verwaltung von Zwischenfällen mit einer offenen Kommunikation rund um die unerwünschten Ereignisse und einer Unternehmenskultur, in der Fehler nicht bestraft werden («Just culture»), einhergeht. Die nächsten Monate werden im SMZ Martigny und Region also sehr arbeitsreich werden. «Aber wir sind motiviert und wollen zeigen, dass wir vorankommen», sagt Florence Meister abschliessend.

1 Weil das Tool noch nicht definitiv erworben wurde, kann es derzeit nicht genannt werden. Das «Spitex Magazin» wird zu einem späteren Zeitpunkt über das konkrete Tool und die Praxiserfahrungen damit berichten.

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