Spitex-Pilotprojekt zur Betreuung älterer Menschen

Der demografische Wandel verändert die Pflege- und Betreuungslandschaft. Auch im ambulanten Pflegesetting gewinnt die psychosoziale Begleitung an Bedeutung. Im Rahmen eines Pilotprojekts sollen daher ab Sommer 2025 Fachfrauen und Fachmänner Betreuung (FaBe) in der Fachrichtung Menschen im Alter (MiA) bei der Spitex aus­gebildet werden. Dieser Gastartikel gibt einen Überblick über die Ausbildungs­inhalte – und die Unterschiede zu den Fachpersonen Gesundheit (FaGe).

ASTRID MARQUARDT.1 Eine Studie der Berner Fachhochschule2 zeigt deutlich, woran es älteren Menschen, die zu Hause leben, oft mangelt: Es sind weniger medizinische als vielmehr soziale und emotionale Faktoren, die ihre Lebensqualität beeinflussen. Einsamkeit, fehlende Tagesstruktur oder der Verlust sozialer Kontakte zählen zu den häufigsten Herausforderungen. Viele Betroffene wünschen sich mehr sinnvolle Beschäftigung und Unterstützung im Alltag – ergänzend zur Pflege.

Ein Novum im ambulanten Setting
Genau hier setzt das Pilotprojekt der OdA Sozialberufe Zürich, des kantonalen Berufsbildungsverbands in den Berufsfeldern Soziales, Bildung und Beratung, an: In enger Zusammenarbeit mit dem Spitex Verband Kanton Zürich, Spitex Schweiz, ARTISET Kanton Zürich und ARTISET Schweiz sowie SAVOIRSOCIAL, dem schweizerischen Dachverband für die Berufsbildung im Sozialbereich, sollen ab Sommer 2025 Fachfrauen und Fachmänner Betreuung (FaBe) in der Fachrichtung Menschen im Alter (MiA) bei der Spitex ausgebildet werden. In einer ersten Phase nehmen die beiden Organisationen Spitex rechtes Limmattal und Spitex Zürich teil und bieten Ausbildungsplätze für FaBe MiA an. Die OdA Sozialberufe Zürich unterstützt die Betriebe umfassend – von der adäquaten Umsetzung des Bildungsplans im ambulanten Setting über die Beratung bis hin zur Begleitung während der gesamten Ausbildungszeit.

Die Kombination von FaBe und FaGe stärkt unsere Teams und bringt mehr Lebensqualität zu den Menschen nach Hause.

Claudia Schade-Meier

Geschäftsleiterin Spitex Verband Kanton Zürich

Betreuung und Pflege – ein untrennbares Duo
Die Ausbildung der FaBe MiA legt den Fokus auf die psychosoziale Begleitung älterer Menschen. Lernende erwerben Kompetenzen in der Beziehungsgestaltung sowie Gesprächsführung und sind wichtige Bezugspersonen im Alltag. Sie begleiten die betreuten Personen, fördern deren Selbstständigkeit, gestalten gemeinsam mit ihnen eine sinnvolle Tagesstruktur, gehen auf individuelle Bedürfnisse ein und unterstützen bei alltäglichen Aktivitäten wie beim Essen, Ankleiden oder bei der Körperpflege. FaBe MiA erkennen Veränderungen im Verhalten oder Wohlbefinden frühzeitig und arbeiten eng mit anderen Fachpersonen zusammen. Ihre Stärke liegt in der situationsgerechten Kommunikation, im Einfühlungsvermögen und in ihrer Fähigkeit, älteren Menschen ein möglichst autonomes Leben zu Hause zu ermöglichen. Im Unterschied dazu ist die Ausbildung als FaGe (Fachperson Gesundheit) stärker medizinisch-pflegerisch geprägt. Jedoch erhalten FaBe MiA in ihrer Ausbildung auch in diesem Bereich wichtige Grundkompetenzen, etwa im Medikamentenmanagement, der Wundversorgung oder der Vitalzeichenkontrolle. Im Arbeitsalltag sind beide Berufe essenziell: Betreuung und Pflege gehören im ambulanten Setting untrennbar zusammen.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Grundbildungen FaGe und FaBe. Bild: OdA Sozialberufe Zürich

Zwei Berufe – ein gemeinsames Ziel
FaBe MiA entlasten mit ihren Kompetenzen das Pflegeteam entscheidend und tragen zu einer ganzheitlichen Betreuung bei. Die parallele Ausbildung und Beschäftigung von FaBe und FaGe ermöglicht es, auf individuelle Bedürfnisse differenziert einzugehen und die interprofessionelle Zusammenarbeit zu stärken. Gerade in Zeiten von wachsendem Unterstützungsbedarf bietet dieses Modell einen grossen Mehrwert. Es sorgt für mehr Handlungsspielraum, fördert Synergien im Team und unterstützt die langfristige Sicherung der Versorgungsqualität.

Unterstützung für Spitex-Betriebe
Die Einführung der FaBe-Ausbildung im ambulanten Setting bringt auch Herausforderungen mit sich – insbesondere hinsichtlich der Ausbildungsplanung und der fachlichen Begleitung. Die OdA Sozialberufe Zürich bietet hier gezielte Unterstützung: Sie berät bei der Einreichung der Bildungsbewilligung, stellt praxistaugliche Ausbildungsunterlagen zur Verfügung und begleitet die Berufsbildenden während des gesamten Prozesses. Die Rückmeldungen aus den Betrieben fliessen direkt in die Weiterentwicklung ein – mit dem Ziel, das Modell langfristig zu etablieren und auf weitere Kantone auszuweiten. Claudia Schade-Meier, Geschäftsleiterin des Spitex Verbands Kanton Zürich, meint zum Projekt: «Mit dem Pilotprojekt erschliessen wir ein neues Kapitel in der ambulanten Betreuung. Es ist eine grosse Chance, die Bedürfnisse älterer Menschen noch umfassender zu erfüllen – indem wir Betreuung und Pflege gezielt zusammenführen. Ich bin überzeugt: Die Kombination von FaBe und FaGe stärkt unsere Teams, entlastet den Alltag und bringt mehr Lebensqualität zu den Menschen nach Hause.»

Jetzt mitgestalten
Spitex-Organisationen, die sich für eine Betei­li­gung am Pilotprojekt interessieren, sind eingeladen, sich bei der OdA Sozialberufe Zürich zu melden.
Kontakt: Salome Rupp, Projektleiterin, s.rupp@oda-sozialberufe-zh.ch

Weitere Informationen zum Berufsbild und zum Pilotprojekt, Weiterbildungsmöglichkeiten sowie eine Lehrstellenübersicht und Termine zu Infoevents für Berufsinteressierte gibt es hier:

  1. Die Autorin arbeitet für die OdA Sozialberufe Zürich. ↩︎
  2. Haas, K., Rüegg, R., & Hostettler, T. (2023). Sozialarbeit in Spitex-Organisationen. Berner Fachhochschule, Soziale Arbeit. https://doi.org/10.24451/arbor.19612 ↩︎

Weitere Artikel

Kunstwerke zum Thema Pflege

Noch bis 8. Februar 2024 sind die Ergebnisse des Bildungsmoduls «Kunst und Pflege», das im Herbst 2023 am Berner Bildungszentrum Pfl...

«Auf der Hütte und bei der Spitex muss man improvisieren können»

Im Sommer arbeitet Sarah Sager als Hüttenwartin auf der Gleckstein­hütte, im Herbst kehrt die Pflegefachfrau zur Spitex Grindelwald ...

Buch-Tipp

Das Wimmelbuch vom AbschiednehmenRED. Das «Wimmelbuch vom Abschiednehmen» thematisiert die Gleichzeitigkeit von Leben und Leid und b...