Drei Generationen – eine Leidenschaft: die Spitex
Bei der Spitex Region Lueg (BE) treffen Erfahrung, Wissen und Elan aufeinander – in einer Familie: Mit Rosemarie, Hanspeter und Samira arbeiten dort drei Generationen der Familie Meyer als Pflegeprofis und helfen damit nicht nur Menschen, sondern stärken auch ihre familiäre Verbindung.
MARTINA KLEINSORG. «Vielleicht liegt die Berufswahl bei uns wirklich in den Genen», sagt Samira Meyer. Die Vermutung liegt nahe, denn trotz unterschiedlicher Lebensphasen und Erfahrungen teilt die 21-jährige Pflegefachfrau ihre Leidenschaft für die ambulante Pflege mit ihrem Vater Hanspeter (45) und ihrer Grossmutter Rosemarie (67). Und damit nicht genug – alle drei haben sich für dieselbe Arbeitgeberin entschieden: Die Spitex Region Lueg mit Hauptsitz in Hasle Rüegsau (BE), welche mit 170 Mitarbeitenden an vier Standorten insgesamt rund 700 Klienten und Klientinnen in elf Gemeinden betreut.
Prägende Kindheitserlebnisse
Dass sie Krankenschwester werden wolle, habe sie schon früh gewusst, sagt Rosemarie Meyer, die Erfahrenste im Bunde. «Meine jüngere Schwester lag einige Wochen im Kinderkrankenhaus. Nur unsere Eltern durften sie besuchen, doch was sie mir davon erzählten, hat mich fasziniert», berichtet sie. Viele Jahre arbeitete die Pflegefachfrau HF in der Langzeitpflege in einem Pflegeheim in ihrem Wohnort Sumiswald. «Erst mit 50 Jahren kam ich zur Spitex, dabei hatte ich den Schritt bereits seit einem Praktikum während der Ausbildung stets im Hinterkopf. Da Hanspeter bereits in einer Spitex arbeitete und viel Gutes berichtete, wagte ich dann den Wechsel auch.» Nach fünf Jahren bei der Spitex Burgdorf bot sich ihr eine passende Stelle am Standort Hasle der Spitex Region Lueg. «Dank des kürzeren Arbeitsweges konnte ich wieder über Mittag heim», erklärt sie ihre Motivation für den Wechsel. Parallel zur Tätigkeit in der ambulanten Pflege absolvierte Rosemarie einen Kurs in professioneller Fusspflege, unterstützt von der Spitex Region Lueg, die diese Dienstleistung ausbauen wollte. Der Fusspflege widmet sich Rosemarie auch nach ihrer Pensionierung im 20-Prozent-Pensum einen Tag pro Woche. «Ich geniesse es, weiter in den Spitex-Alltag eingebunden und für die Klienten und Klientinnen da zu sein. Den reinen Ruhestand schiebe ich gerne noch etwas auf.» Fit hält sich die Seniorin mit Wandern und Velofahren.
Ungeplant in die Fussstapfen getreten
Er sei nicht geplant in die beruflichen Fussstapfen seiner Mutter Rosemarie getreten, die ihn allein aufgezogen hat, berichtet Hanspeter Meyer. Doch war für ihn nach der Grundausbildung zum Maler und Gipser klar, dass er in diesem Handwerk nicht weiter arbeiten wollte. Ein Langzeitpraktikum nach dem zivilen Ersatzdienst führte ihn zur Ausbildung zum Pflegefachmann HF, danach war er in der Demenzabteilung eines Pflegeheimes tätig. Anschliessend arbeitete er fast 13 Jahre bei der Spitex Burgdorf-Oberburg, bevor er zur Spitex Region Lueg wechselte – dies auch aufgrund der positiven Schilderungen seiner Mutter Rosmarie über diesen Betrieb und wegen des kürzeren Arbeitswegs.
Dort ist Hanspeter nun seit rund vier Jahren im 80-Prozent-Pensum zur Bedarfsabklärung für neue Klienten und Klientinnen für die gesamte Organisation unterwegs. Daneben ist er noch bis Januar 2025 in Ausbildung zum Wundexperten und in dieser Funktion am Standort Sumiswald bereits tätig. «Ursprünglich hatte ich Bedenken, in dem Dorf zu arbeiten, wo ich lebe und aufgewachsen bin», räumt Hanspeter ein. Tatsächlich habe er nun beruflich Kontakt zu Eltern oder Grosseltern von Kollegen, doch empfinde er dies als positiv: «Es sind immer herzliche Begegnungen. Auf dem Land ist man sich näher, die Menschen sind dankbarer», erzählt er. Seine Freizeit verbringt der dreifache Familienvater gerne beim Sport, etwa beim Unihockey, Tennis, Tischtennis oder in der Natur beim Wandern oder Biken.
«Ich wollte mitreden können»
«Den Sinn des Pflegeberufes hat mir meine Familie vorgelebt», sagt Samira Meyer. Auch ihre Mutter arbeitet in der Pflege, jedoch im Spital. «Die Geschichten am Esstisch fand ich schon immer interessant und freute mich darauf, selbst das Fachwissen zu erwerben und mitreden zu können.» Zwar habe sie auch mit dem Beruf der tiermedizinischen Praxisassistentin geliebäugelt, «doch schätze ich es, mit Patientinnen und Patienten kommunizieren zu können». Samira entschied sich, die Ausbildung zur Fachfrau Gesundheit (FaGe) im Spital zu durchlaufen, um ihren Erfahrungsrucksack möglichst vielfältig zu füllen. Dem Vorbild von Vater und Grossmutter folgend, wechselte sie danach zur Spitex Region Lueg, die sie bereits von einem Schnupperpraktikum kannte, und arbeitete zunächst ein Jahr im 80-Prozent-Pensum am Standort Weier.
Dort sei es schon passiert, dass ihr Vater zuvor bei jemanden zur Abklärung war, der Samira anschliessend freudig begrüsste: «Sie sind also die Tochter, von Ihnen habe ich schon gehört.» Im Herbst 2023 begann sie in Bern ein Vollzeit-Studium Pflege HF in Betriebsanstellung, welches Praktika bei ihrer Arbeitgeberin sowie im Akutspital umfasst. Als Gegenleistung für ein höheres Ausbildungsgehalt wird sie nach Abschluss des Studiums im September 2025 für mindestens zwei weitere Jahre bei der Spitex Region Lueg tätig sein.
Vielleicht liegt die Berufswahl bei uns in den Genen.
Samira Meyer
Pflegefachfrau Spitex Lueg
Weg von Stress und Hektik
«Ich wollte weg vom Stress und der Hektik des Pflegealltags im Spital», begründet Samira ihren Wechsel zur Spitex. «Tatsächlich musste ich mich zu Beginn fast bremsen, so sehr war ich das Arbeiten unter Zeitdruck gewohnt.» Umso mehr geniesse sie es, sich Zeit für ihre Klienten und Klientinnen nehmen und deren Bedarf gerecht werden zu können. Während des ersten Jahres habe sie sich bei jedem ihrer Besuche fast einen halben Morgen um eine Klientin mit Multipler Sklerose kümmern dürfen, erzählt sie. Miteinander per Du zu sein, sich vertrauensvoll zu begegnen, einander zuzuhören und sich auszutauschen, habe sie für beide Seiten als wertvoll empfunden. «Die erfüllende Arbeit bei der Spitex steigert auch meine Lebensqualität», ist Samira überzeugt, die in ihrer Freizeit ebenso die Geselligkeit wie das Abenteuer liebt. «Eine Lebensschule», nennt Hanspeter die Pflege von Menschen daheim: «Berührende Erlebnisse und der Umgang mit Schwerkranken, auch jungen Menschen in Palliativsituationen, lassen die eigenen Alltagssorgen ganz klein erscheinen.» Natürlich könne das Schicksal der Klienten und Klientinnen manchmal auch belasten. «Dann tut es gut, wenn man mit der Familie darüber reden kann», sagt er.
Alle drei Generationen schätzen bei der Spitex Region Lueg die Wertschätzung, die den Mitarbeitenden entgegengebracht wird, den respektvollen Umgang miteinander und die familiäre Atmosphäre. «Das gemeinsame Spitex-Fest im Sommer ist für uns ja fast ein Familienfest», erzählt Samira lachend. «Auch wenn wir drei privat zusammenkommen, ist die Arbeit oft ein Thema. Das kann andere schon mal irritieren», räumt Hanspeter schmunzelnd ein. Während Samira ihre Grossmutter bei technischen Herausforderungen unterstützen könne, profitiere sie wiederum von deren Erfahrung und Menschenkenntnis. Mit dem Vater diskutiere sie oft über Fachthermen, ausserdem halte er sie während ihres Studiums über das Spitex-Geschehen auf dem Laufenden.
Andere für den Beruf begeistern
Grossmutter, Sohn und Enkelin sind Hauptdarstellende in einem Image-Video, das auf der Website der Spitex Region Lueg zu sehen ist – die Idee dazu sei eher im Spass entstanden. «Drei Generationen in einem Betrieb – das wäre doch noch eine gute Werbung, um Mitarbeitende zu gewinnen oder für den Pflegeberuf zu begeistern», brachte Samira den Gedanken dann an einer Teamsitzung gegenüber Geschäftsleiter Andreas Bütikofer vor. Tatsächlich kam wenig später die Anfrage für Videoaufnahmen, die im Sommer 2023 stattfanden. «Von mir aus hätte es nicht sein müssen», sagt Rosemarie, die nicht gerne im Mittelpunkt steht, sich nun aber doch über zahlreiche positive Rückmeldungen freut. Kein Problem, vor die Kamera zu treten, hatte hingegen Hanspeter: «Es diente ja der guten Sache.» Selbst hat er sich nach dem Ende seiner Ausbildung zum Wundexperten für weitere drei Jahre bei der Spitex Region Lueg verpflichtet. «Auch langfristig sehe ich meine berufliche Zukunft bei der Spitex – Akutspital oder Langzeitpflege sind für mich keine Optionen mehr.»