«Die Spitex-Mitarbeiterin hat meiner Grossmutter vermutlich das Leben gerettet»

Pierre Monnard, Regisseur von «Wilder» und «Platzspitzbaby», berichtet im Interview über die Leidenschaft für seinen Beruf und die Dankbarkeit gegenüber der Spitex.

Spitex Magazin: Pierre Monnard, Sie sind der Regisseur von «Winter Palace». Zurzeit arbeiten Sie an «Hallo Betty», einem Film über die Schöpferin von Betty Bossi. Wie wählen Sie die Geschichten aus, die Sie auf die Leinwand bringen?
PIERRE MONNARD: Ich mag Geschichten, die es mir ermöglichen, unsere schweizerische Identität zu erforschen. Dazu braucht es manchmal düstere Filme. «Platzspitzbaby» etwa erzählt von der Beziehung zwischen einer heroinabhängigen Mutter und ihrer Tochter, und «Bisons» von einem jungen Bauern, der den Hof seiner Familie retten will und an geheimen Kämpfen teilnimmt. Ich beleuchte auch gerne symbolträchtigere Aspekte unserer Geschichte, wie die traditionsreiche Schweizer Hotellerie in «Winter Palace» oder unsere nationale Ikone Betty Bossi in «Hallo Betty». Ich kann glücklicherweise in mehreren Sprachen arbeiten – sowohl für den Film als auch das Fernsehen. Die verschiedenen Genres zu wechseln, Risiken einzugehen und mich nicht zu wiederholen, sind mein Ansporn. 

Pierre Monnard. Bild: zVg

Sie haben in England Film studiert und sind dann Regisseur geworden. Gab oder gibt es aber auch einen weiteren Beruf, von dem Sie einst träumten oder immer noch träumen?
Ich kann meinen Traumberuf ausüben, auch wenn ich ursprünglich Schauspieler werden wollte. Als Kind habe ich allerdings begriffen, dass Schauspieler nicht die ganze Arbeit machen, sondern die Person hinter der Kamera die Rolle des Dirigenten übernimmt – und genau deshalb wollte ich diesen Beruf ergreifen. Ich wäre indes auch gerne Koch geworden, denn Kochen ist eine meiner Leidenschaften. Rund um die Vorbereitung meines nächsten Films «Hallo Betty» durfte ich die Labors von Betty Bossi besuchen. Eine spannende Erfahrung.

Verraten Sie uns eine Macke und ein Talent, die in der Öffentlichkeit trotz Ihrer häufigen Medienpräsenz bisher kein Thema waren?
Etwas tue ich beinahe zwanghaft: Ohne vorher einen Spaziergang gemacht zu haben, gehe ich nicht ins Bett. Ich mache das schon seit Jahren, meistens allein, egal zu welcher Uhrzeit. Ich gönne mir diesen Moment – er ermöglicht es mir, einen Schlussstrich unter den Tag zu ziehen und mich auf den nächsten vorzubereiten. Zudem bin ich ziemlich pedantisch, was Sauberkeit und Ordnung angeht. Um gut arbeiten und denken zu können, brauche ich eine geordnete, Feng-Shui-inspirierte Umgebung.

Gibt es eine bekannte Person, welche Sie gern einmal treffen würden?
Ich habe kürzlich den Podcast «La gêne occasionnée» des französischen Schriftstellers François Bégaudeau entdeckt, in dem er über Filme und Literatur spricht. Was mich beeindruckt hat, war seine grosse Belesenheit. Bei einem gemeinsamen Essen würde ich gerne mit ihm über diese beiden Themen diskutieren. Ebenfalls gerne treffen würde ich die Genfer Seglerin Justine Mettraux, deren Erfolge ich bei der Vendée Globe verfolgt habe. Ich bewundere ihren Mut und ihre mentale Stärke.

Und weil dies das Spitex Magazin ist: Was sind Ihre Erfahrungen mit der Spitex? 
Meine 102-jährige Grossmutter konnte dank der Spitex bis zur Covid-Pandemie in ihrem Haus bleiben. Bei Ausbruch der Pandemie wurde sie sehr krank. Eine Pflegefachfrau fand sie bei einem Einsatz bewusstlos vor und ermöglichte die Überweisung in ein Spital. Dank dieser Pflegefachfrau erhielt sie die nötige Behandlung, und heute geht es ihr sehr gut. Ohne ihre Hilfe wäre meine Grossmama vielleicht nicht mehr hier. Es ist schön, in einem Land zu leben, in dem man sich auf die Spitex verlassen kann. Mit der steigenden Lebenserwartung wird sie noch mehr an Bedeutung gewinnen, da sie das Leben der Menschen wirklich verbessert – und das ist unbezahlbar.

INTERVIEW: FLORA GUÉRY

Zur Person

Pierre Monnard wurde 1976 geboren und ist in Châtel-Saint-Denis (FR) aufgewachsen. Er hat an der Universität Lausanne Literaturwissenschaften und der Bournemouth Film School studiert. Im Jahr 2013 drehte der Freiburger seinen ersten Spielfilm, eine Komödie mit dem ­Titel «Recycling Lily». Es folgten die Fantasy-Serie «Anomalia», der Dokumentarfilm «Blood Business» und die Krimiserie «Wilder», die
mit zwei Prix Walo ausgezeichnet wurde. Im Jahr 2020 zog «Platzspitzbaby», sein zweiter Spielfilm, in der ganzen Schweiz über 335 000 Zuschauer an. Seine neue Serie «Winter Palace» ist eine Ko-Produktion zwischen der SRG und ­Netflix. Sie besteht aus acht Episoden, basiert auf wahren Begebenheiten und zeichnet die Anfänge des alpinen Luxustourismus Ende des 19. Jahrhunderts nach. Der 48-jährige Regisseur, der seit über 20 Jahren in der Deutschschweiz lebt, wohnt heute mit seiner Frau und den beiden Kindern in Thalwil (ZH). Zurzeit arbeitet
er an «Hallo Betty», einem Film über das Leben von Emmi Creola, einer visionären Werbefachfrau, die die Figur Betty Bossi erfunden hat. ­Pierre Monnard ist ein leidenschaftlicher Kino-, Literatur- und Kochfan und bezeichnet sich selbst gerne als «Geek».

→ www.pierremonnard.com

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