
Sicher unterwegs zu Klienten und Klientinnen
Auch die Strasse gehört zum Arbeitsplatz von Spitex-Mitarbeitenden. Die Spitex Obwalden sensibilisiert diese darum für die entsprechenden Gefahren: Eine jährliche Verkehrssicherheitsschulung soll das richtige Verhalten in alltäglichen und aussergewöhnlichen Situationen vermitteln.

MARTINA KLEINSORG. Um ihre Klienten und Klientinnen im ländlich geprägten Bergkanton zu erreichen, fahren die Mitarbeitenden der Spitex Obwalden viele Kilometer im Jahr. «Wir legen daher einen besonderen Fokus auf die Sicherheit auf dem Arbeitsweg», sagt die Geschäftsführerin Lisbeth Berchtold. Zu den angebotenen Massnahmen gehöre beispielsweise ein Schneekettentraining im Herbst, damit die Mitarbeitenden bei Schneefall auf steilen Zufahrtsstrassen geübt agieren können. Ein Kernstück der Prävention ist eine Schulung zum Thema Verkehrssicherheit. Diese fand 2023 erstmals für die gesamte rund 100-köpfige Belegschaft statt und wird nun jährlich für neue und weitere interessierte Mitarbeitende durchgeführt. «Wir möchten, dass alle auch für herausfordernde Verkehrssituationen gut gewappnet sind», so Lisbeth Berchtold.
«Strassenverkehrsgesetz ist kein Wunschkonzert»
15 Teilnehmende kann Sepp Kost, seit 33 Jahren bei der Kantonspolizei, am Schulungsnachmittag im September im Spitex Zentrum in Sarnen begrüssen. Der langjährige stellvertretende Abteilungsleiter der Verkehrs- und Sicherheitspolizei leitet den Polizeiposten in Engelberg, dem zweiten Standort der Spitex Obwalden. Anschaulich, gespickt mit Anekdoten aus dem Polizeialltag und Bezug zu den örtlichen Gegebenheiten, führt der 60-Jährige durch die folgenden zwei Stunden. Das Ziel: Alle wissen, was bei Unfällen mit und ohne Personenschaden sowie im Falle eines Tunnelbrands zu tun ist.
«Das Strassenverkehrsgesetz ist kein Wunschkonzert – wer es bricht, muss mit Konsequenzen rechnen», leitet Sepp Kost das Thema ein. Er erklärt die zentrale Grundregel gemäss Artikel 26: «Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.» Besondere Vorsicht sei geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich Strassenbenützende nicht richtig verhalten. «Einfach Gas geben, um das Vortrittsrecht durchzusetzen, ist nicht erlaubt», betont der Polizist.
Kaum ein Land hat eine so hohe Dichte an Verkehrszeichen wie die Schweiz. Doch sei vielen Autofahrenden beispielsweise nicht bekannt, dass ein angezeigtes Tempolimit nur bis zur nächsten Verzweigung oder Kreiselausfahrt gilt und danach ohne weiteres Schild wieder die reguläre Geschwindigkeit von innerorts 50 und ausserorts 80 km/h. Weisungen der Polizei haben jederzeit Vorrang vor allgemeinen Regeln und Signalen. «Viele Verkehrsteilnehmende wissen jedoch nicht mehr, was die Handzeichen bedeuten», sagt Sepp Kost, daher komme es auf Kreuzungen nicht selten zu haarsträubenden Szenen. Weiter erläutert er, wie die Geschwindigkeit den Strassen- und Sichtverhältnissen anzupassen und nach welchen Kriterien eine Rettungsgasse zu bilden sei.

Unsere Mitarbeitenden sollen auch für herausfordernde
Verkehrssituationen gut
gewappnet sein.
LISBETH BERCHTOLD
Geschäftsführung Spitex Obwalden
Ablenkung ist die häufigste Unfallursache
Ablenkung, etwa durch Handy oder Navi, ist die häufigste Unfallursache. Übermüdung könne zu Fahrunfähigkeit führen und im Falle eines Unfalls den Fahrausweisentzug bedeuten, warnt der Polizist. Vorbeugend gegen Sekundenschlaf könne ein 15-minütiger Powernap wirken. «Was ist zu tun, wenn es trotz aller Vorsicht zu einem Unfall kommt?», fragt er in die Runde. Artikel 51 besagt, dass alle Beteiligten sofort anhalten müssen. Ohne Personenschaden und grobe Verkehrsregelverletzung reicht es aus, das Europäische Unfallprotokoll für die Versicherungen auszufüllen, sofern beide Parteien einverstanden sind. Dies vermeidet Bussen und unnötigen Administrativaufwand. Liegt jedoch eine Körperverletzung vor, muss die Polizei zwingend gerufen werden. Auch bei Wildunfällen ist die Polizei oder der Wildhüter unverzüglich zu informieren, sonst droht eine Anzeige.
Ein weiterer Schwerpunkt der Schulung ist das Verhalten bei Tunnelbränden. Anhand des tragischen Brands im Gotthard-Tunnel 2001, bei dem elf Menschen starben, verdeutlicht Sepp Kost die Gefahren einer schnellen Brandentwicklung sowie die Risiken durch extreme Hitze und giftigen Rauch. «Unter keinen Umständen sollten Wendemanöver eingeleitet werden», warnt er. Stattdessen sei es wichtig, die Rettungsgasse freizuhalten, Ruhe zu bewahren, den Motor abzustellen, den Schlüssel stecken zu lassen und sich sofort entlang der Markierungen in die Schutzräume oder Fluchtstollen zu begeben. Zudem sollten die Anweisungen von Feuerwehr und Polizei unbedingt befolgt werden.
Die Rückmeldungen der Teilnehmenden zur Schulung fallen positiv aus. «Die Strasse ist Teil meines Arbeitsplatzes. Es ist wichtig, sich die Verkehrsregeln immer wieder in Erinnerung zu rufen», sagt Sina Jaun, Teamleitende Psychiatrie. Dem stimmt Michelle Zimmermann, stv. Leitung Administration, zu und ergänzt: «Es wird einem bewusst, welche Verantwortung man trägt, wenn man im Strassenverkehr unterwegs ist.» Sepp Kost würde eine solche Schulung regelmässig allen Verkehrsteilnehmenden empfehlen: «Das ist sicher besser, als mit 18 den Führerschein zu machen und dann bis ins hohe Alter ohne Auffrischung des Wissens und Kenntnis von Gesetzesänderungen unterwegs zu sein.»

Bei Übermüdung kann ein
15-minütiger Powernap den
Sekundenschlaf verhindern.
SEPP KOST
Polizist und Schulungsleiter
Physische und psychische Gesundheit stärken
Die Arbeitssicherheit und der Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden geniessen bei der Spitex Obwalden einen hohen Stellenwert, «unterwegs und am Arbeitsplatz», betont Lisbeth Berchtold. So finde jedes Jahr auch eine Schulung zur Gewaltprävention in der Pflege statt. Des Weiteren ziele die von Mitarbeitenden initiierte Gruppe «Uusziit» darauf ab, das Wohlbefinden der Belegschaft zu fördern. Durch gemeinsame Aktivitäten wie Pilzesammeln, Kochen und Essen werden der Austausch und das gegenseitige Kennenlernen gestärkt. Dies erleichtere es den Mitarbeitenden, in schwierigen Situationen das Gespräch zu suchen, nennt Lisbeth Berchtold einen positiven Effekt. Mit diesem umfassenden Ansatz möchte die Spitex Obwalden nicht nur die Sicherheit, sondern auch die physische und psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden stärken.