«80 Prozent weniger Arbeit für die Kostenrechnung»

Die Spitex Region Olten (SO) hat geholfen, die Kostenrechnung von Heyde und die Benchmarking-Plattform von Polynomics mitzuentwickeln. Geschäftsleiter Markus Gutknecht ist von beiden Tools überzeugt.

Durch die Auswertung ihrer Kostendaten kann eine Spitex-Organisation viel erfahren. Themenbild: Pia Neuenschwander / Stutz Medien

SPITEX MAGAZIN: Herr Gutknecht, die Spitex Region Olten hat als eine von zehn Spitex-Organisationen am Innosuisse-Projekt mitgewirkt, in dessen Rahmen die Spitex-Kostenrechnung von Heyde und die Benchmarking-Plattform von Polynomics [vgl. Bericht Die Spitex benötigt nationale Daten] entwickelt wurden. Warum haben Sie wertvolle Ressourcen in dieses Thema gesteckt?
Markus Gutknecht: Ich wollte dazu beitragen, dass die Spitex endlich über gute und einheitliche Instrumente für die Kostenrechnung verfügt, welche die Realität abbilden und einen Vergleich zwischen den Organisationen zulassen. Zudem wollte ich mich als Vertreter einer kleineren Spitex-Organisation mit 45 Mitarbeitenden dafür einsetzen, dass die Handhabung der Tools nicht zu komplex ist. Und dass die Tools der Spitex viel Arbeit abnehmen, denn bisher war das Thema Kostenrechnung mit sehr viel Aufwand verbunden. Das Projekt hat all diese Ziele erreicht.

Die Verantwortlichen der Spitex-Kostenrechnung von Heyde versprechen eine erhebliche Entlastung der Spitex-Organisationen. Sie stimmen Ihnen also zu? 
Ich stimme ihnen voll und ganz zu. Seit 2021 erhalte ich die Excel-Version der Heyde-Kostenrechnung, was eine enorme Zeiteinsparung bedeutet. Denn die nötigen Daten werden automatisch aus unseren Primärsystemen transferiert, und Heyde sendet mir die umfassende Kostenrechnung «pfannenfertig» zu. Ich schätze, ich habe höchstens noch 20 Prozent des Aufwands im Vergleich zu früher, als ich die Kostenrechnung selbst erstellte.

Die Befürworter des Heyde-Tools versprechen auch eine vertrauenswürdige Kostenrechnung, die für gute Führungsentscheide eingesetzt werden kann und wichtig ist für Verhandlungen mit der öffentlichen Hand. Was sagen Sie dazu?
Ich verwende die Heyde-Kostenrechnung aktuell vor
allem, um dem Verwaltungsrat und dem Kanton die
nötigen, guten Kostendaten weiterzuleiten. Denn der Kanton Solothurn setzt auf Basis der Kostenzahlen aller Spitex-Organisationen einen verbindlichen Restkostensatz fest. Die vielen weiteren Möglichkeiten des Tools muss ich erst noch kennenlernen. Bereits sagen kann ich aber, dass ich volles Vertrauen in Heyde habe. Die Firma liefert Kostenrechnungen, welche auf Rohdaten basieren, die Realität abbilden und die von niemandem irgendwie manipuliert werden können. Übrigens finanziert der Kanton Solothurn das Heyde-Tool für Spitex-Organisationen mit Leistungsauftrag, was ich für vorbildlich halte.

Dem «Spitex Magazin» wurde berichtet, mit dem Heyde-Tool seien die B-Leistungen der Spitex Region Olten plötzlich teurer als die A-Leistungen, obwohl das Bundesgesetz über die Kranken­versicherung (KVG) den umgekehrten Fall impliziert. Wie erklären Sie sich das? 
Das Heyde-Tool zeigt erstmals detailliert auf, wo genau die Kosten einer Spitex-Organisation anfallen. Es zeigt zum Beispiel auch, welche Leistung genau wie viel Wegzeit benötigt. Dass unsere A-Leistungen damit günstiger sind als unsere B-Leistungen, spiegelt die Realität wider. A-Leistungen finden oft im Stützpunkt statt und verursachen keine Wegzeiten. Zudem sinkt bei den B-Leistungen die durchschnittliche Einsatzdauer kontinuierlich, wodurch wir einen immer grösseren Anteil
unserer Arbeitszeit auf der Strasse verbringen. Das Heyde-Tool ist sehr geeignet dafür, der öffentlichen Hand die zunehmende Problematik der langen Wegzeiten und nicht lukrativen Kurzeinsätze aufzuzeigen. 

Laut Heyde werden die Kostendaten einer Spitex-Organisation durch die Heyde-Kostenrechnung verbessert. Stimmen Sie dem zu? 
Unbedingt! Zum Beispiel meldet uns Heyde Fehler in unserer Kostenrechnung und bietet auch Informationsveranstaltungen an, damit die Spitex-Organisa­tionen ihre Rohdaten verbessern können. Und früher haben wir mit Abschreibungen «jongliert», doch das Heyde-Tool erlaubt solche Eingriffe nicht mehr. Ich bin ein Anhänger von unbeschönigten Rohdaten und der darauf basierenden Kostentransparenz. Damit alle ­Spitex-Organisationen mit dem gleichen Massstab gemessen werden, müssten aber alle, wie das Heyde-Tool, mit Rohdaten statt mit aggregierten Daten arbeiten. 

Einheitliche Daten würden auch einen nationalen Benchmark ermöglichen, womit wir beim Benchmarking-Tool von Polynomics sind: Zum
Zeitpunkt dieses Interviews haben Sie erste Test­ergebnisse des Benchmarks erhalten. Sind Sie damit zufrieden?

Ich finde, mit dem Benchmark wird die Analyse unserer Kostendaten erst richtig spannend. Denn durch den Vergleich kann ich herausfinden, wieso die Kostenzahlen meiner Organisation sind, wie sie sind, und wo auffällige Unterschiede zu anderen Organisationen bestehen. Das Bechmarking-Tool ist eine äusserst gute Grundlage dafür – und auf dieser Grundlage müssen wir nun aufbauen und herausfinden, was genau wir damit untersuchen und belegen können.

Hat der Benchmark bereits zu konkreten Änderungen in Ihrer Organisation geführt?
Während des Pilotprojekts zeigte sich durch den Benchmark, dass die Spitex Region Olten A-Leistungen von FaGe erbringen liess. Das waren zwar nur einfache administrative Büroarbeiten, die meiner Meinung nach sehr gut von FaGe ausgeführt werden können. Aber laut Gesetz ist das nicht erlaubt, und darum haben wir dies korrigiert. Dieser Fall zeigt, dass der Benchmark für gleich lange Ellen sorgen kann in Bezug auf die Gesetzeskonformität der Spitex-Organisationen. 

Nur mit möglichst vielen Teilnehmenden erreichen wir einen
umfassenden Benchmark, der für Fairness und Transparenz sorgt

Markus Gutknecht

Geschäftsleiter Spitex Region Olten

Haben Sie auch Optimierungspotenzial bei den Tools ausgemacht?
Vor allem wünsche ich mir mehr Nutzende für beide Tools. Nur mit möglichst vielen Teilnehmenden erreichen wir einen umfassenden Benchmark, der für Fairness und Transparenz sorgt. Was den Benchmark betrifft, müssen zudem einige offene Fragen in Bezug auf das einheitliche Vorgehen bei der Datenerhebung beantwortet werden. Beispielsweise könnte man festlegen, wie lange ein Fall pausieren muss, damit eine Spitex-Organisation ihn elektronisch abschliessen darf. Denn offene Fälle, bei denen eine Spitex-Organisation schon lange nicht mehr im Einsatz ist, verfälschen ihre durchschnittliche Falldauer. 

Manche Spitex-Organisationen befürchten, dass die Handhabung oder zumindest die Einführung der Tools zu aufwendig und kompliziert ist. Was sagen Sie hierzu?
Natürlich mussten wir für die Einführung des Heyde-Tools gewisse Anpassungen vornehmen, zum Beispiel bei der Kontierung. Aber es gilt: Verfügt die Führung einer Spitex-Organisation über ein Grundlagenwissen zum Thema Kostenrechnung, dann ist die Einführung und Handhabung der beiden Tools einfach und äusserst lohnend. Meiner Meinung nach ist das Ergebnis des Innosuisse-Projekts die letzte Chance, die Kostenrechnung der Spitex in der ganzen Schweiz zu harmonisieren. Und damit eine gute Datenbasis zu schaffen, mit der wir der Politik wirklich gute Daten liefern können, welche der Spitex das Gewicht verleihen, das sie verdient.

Interview: Kathrin Morf

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