5 min 10. September 2025

Mit dem Töff von Hütte zu Hütte

Sybille Oertle und Theres Schneider arbeiten bei der Spitex Uzwil (SG). Im Juni weilten sie für einen Monat im Spital vom Endamarariek in Tansania. Dorthin brachten sie die Idee einer Spitex. Der folgende Bericht darüber ist in der «Wiler Zeitung» erschienen.

ZITA MEIENHOFER. «Ich denke täglich an Endamarariek – kurz, irgendwann – es ist einfach eine andere Welt», sagt Theres Scheider aus Bazenheid. Sie ist Mitarbeiterin der Spitex Uzwil und weilte im Juni mit ihrer Arbeitskollegin Sybille Oertle aus Oberstetten in Endamarariek. Dort, in Tansania (vgl. auch Karte unten), befindet sich das Spital, das der ehemalige Arzt aus Niederhelfenschwil, Sales Huber und seine Frau Marianne, seit über 30 Jahren unterstützen.

Es ist Hubers Herzensprojekt. Für dieses sammeln sie seit Jahrzehnten Geld, weil sie ihrer Idee vertrauen, dass der Betrieb von Einheimischen geführt werden kann und das Defizit mit Hilfe aus der Schweiz gedeckt wird. Der Betrag beläuft sich jährlich auf etwa 150’000 Franken. Nötig wurde ihre Unterstützung damals, weil die Finanzierung und Führung in Pflege und Administration nicht mehr funktionierten. Die weissen Kapuziner-Missionare, die das Spital führten, waren überaltert.

Unbezahlten Urlaub für eine gute Sache
Vor 15 Jahren wurde die Stiftung Endamarariek gegründet und die Tätigkeiten auf die Schultern weiterer Personen verteilt. Um die Nachhaltigkeit auch bei der Stiftung zu gewährleisten, wurde der Rat mit dem ehemaligen Zuckenrieter Claudio Lehmann sowie der Ärztin Anja Marco-Hohl aus Bern verjüngt. Weiteres Mitglied ist Urs Germann aus Wil. Heute steht das Spital auf stabilem Fundament.
«Sie sind gut organisiert, funktionieren mit wenigen Mitteln», schreiben Sybille Oertle und Theres Schneider in ihrem Bericht.
Sybille Oertle verfolgt die Tätigkeit der Stiftung, seit sie vor einigen Jahren erstmals in der Zeitung davon las. Als sie dann vor zwei Jahren ihre Lehre als Fachfrau Gesundheit beendete, nahm sie Kontakt mit Anja Marco-Hohl auf und engagierte sich in der Projektgruppe Pflege der Stiftung. In dieser Gruppe herrscht ein regelmässiger Austausch via Zoom. Diesen pflegt sie weiterhin und wirkt so beratend und unterstützend.
Die Folge ihres Engagements soll ein Praktikum in Endamarariek sein. Von diesem geplanten Aufenthalt erzählte sie ihrer Arbeitskollegin Theres Schneider. Die Pflegefachfrau HF beschloss, Sybille Oertle zu begleiten.

Spitex-Mitarbeiterinnen Theres Schneider (links) und Sybille Oertle vor dem Ambulanzfahrzeug des Spitals in Tansania. Fotos: zvg

Fokus auf Betreuung von älteren, kranken Menschen
Am 1. Juni starteten sie ihr Praktikum im Spital von Endamarariek. Das kleine Dorf befindet sich im Norden Tansanias. Es liegt eine knappe Stunde Autofahrt von der nächstgrösseren Ortschaft Karatu entfernt und etwa vier bis fünf Stunden östlich des internationalen Flughafens der Stadt Arusha. Die Aufgabe der beiden Spitex-Mitarbeiterinnen während ihres Praktikums bestand darin, zu eruieren, wie die älteren, kranken Menschen in Endamarariek und Umgebung mit Hilfe ihrer Familien optimal betreut werden können.

Bereits vor knapp drei Jahren konnte Sales Huber seine Idee eines Pflegeheims und Sterbehospizes im Umkreis des Spitals realisieren. Dieses befindet sich wenige Autominuten entfernt in Qaru in einem Spital des Deutschen Roten Kreuzes, das vor über zehn Jahren erstellt wurde, seit Jahren aber leer stand. Der Betrieb in Qaru läuft nicht so, wie es sich die Verantwortlichen der Stiftung vorgestellt haben. Es sind die finanziellen und administrativen Aspekte, die zur Kritik der Stiftungsleitung führen. Es sind aber auch die Menschen dort, die das Angebot nicht richtig einschätzen können. Sybille Oertle und Theres Schneider berichten, dass immer auch wieder junge Menschen mit einem Handicap dorthin gebracht werden. Das ist jedoch nicht die Aufgabe des Heims.

«Die Betreuung klappt jedoch hervorragend», sind sich Theres Schneider und Sybille Oertle einig. Diese liegt in den Händen des 14-jährigen Martin aus Qaru, der rund um die Uhr für die zurzeit drei stationären Männer da ist. «Er macht das mit Hingabe und lernt schnell», sagt Sybille Oertle. Die Spitex-Mitarbeiterinnen hatten ihm einige Kniffs für die Lagerung gezeigt, die er sofort perfekt angewendet habe. «Er hat unsere Infos richtiggehend aufgesaugt und sofort umgesetzt», ergänzt Theres Schneider.

Bedarf für eine Spitex sei da
Zuständig für das Projekt in Qaru ist Pasco, ein Pflegefachmann, der Englisch, Suaheli und Kiirak spricht. Mit ihm entwickelte sich während ihres Aufenthalts die Gelegenheit, dass die beiden Schweizerinnen die kranken Betagten in ihren Hütten besuchten. Sie brachten sozusagen den Aspekt des Spitex-Dienstes nach Endamarariek. «Er wusste, wo welche Menschen Hilfe brauchten», sagt Sybille Oertle. Unterwegs waren sie mit den Bodabodas, den Motorradtaxis.
«Die Lebensbedingungen dieser Menschen haben uns sehr beeindruckt», sagen die beiden Schweizerinnen. «Sie leben in ihren Lehmhütten, liegen oft auf einem harten Bett, was ein grosser Nachteil ist, wenn die Mobilität abnimmt. Zudem kommen sie nur an Medikamente, wenn das nötige Geld vorhanden ist.»

Ihre Erkenntnis aus dem monatigen Praktikum haben sie bei den Verantwortlichen der Stiftung deponiert. «Der Bedarf für eine Spitex ist da. Es wäre sogar sehr wichtig.» Das sehe auch der Bischof so – in dieser Region hat die Kirche das Sagen. Dazu wird nun dringend ein eigenes Motorrad benötigt, damit nicht immer ein Motorradtaxi bestellt werden muss. Die Stiftung bemüht msich nun um Gelder für diese Anschaffung.

Geblieben sind Sybille Oertle und Theres Schneider, dass im Spital mit einfachen Mitteln vieles sehr gut funktioniert. So werden Infusionen anders gelegt, Gazen werden zugeschnitten, gefaltet und aufsterilisiert. Aufgefallen ist ihnen auch, dass bei Antibiotika nicht
gespart wird. Die Ärzte dort sehen das als Prophylaxe, da die Hygiene oft zu wünschen übrig lässt. Sybille Oertle und Theres Schneider haben aber auch festgestellt, worin sich der Einsatz einer Spitex in beiden Ländern nicht unterscheidet: «Gespräche und Beratung tun überall gut und sind wichtig.»

Dieser Bericht erschien ursprünglich am 18.08.2025 in der Wiler Zeitung.

Pflegeheimbewohner mit Angehörigem und Pflegefachperson.

Wechseln eines Cystofix Verbands bei einem Klienten in der Hütte.

Mit dem Dorfpfarrer und Chefärztin vor der Hütte einer Klientin.

Mutterschaftspass mit sofort nötigem Spitaleintritt bei verschiedenen Komplikationen.

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