
Mit Therapiehündin Eyla kehrte die Freude ins Leben zurück
Mit den beiden Therapiehunden Eyla und Ria haben die Mitarbeitenden der Spitex NOA (Nord Ost Aargau AG) Anfang Jahr tierische Verstärkung erhalten. Ein Pilotprojekt bei somatischen Klientinnen und Klienten soll zeigen, inwiefern sich Hunde für den Therapie- einsatz im Spitex-Setting eignen. Die ersten Erfahrungen stimmen zuversichtlich.

EVA ZWAHLEN. Die 84-jährige Spitex-Klientin wirkte verschlossen und inaktiv, bei der Grundpflege blieb sie eher passiv. Die meiste Zeit verbrachte sie sitzend. Den Spitex-Mitarbeitenden war bekannt, dass die Frau Freude an Hunden hat. Und deshalb brachten sie beim nächsten Einsatz Therapiehündin Eyla mit. Mit eindrücklichen Resultaten: Die Klientin blühte auf, plötzlich waren ein paar Schritte am Rollator möglich. Die Freude war in ihr Leben zurückgekehrt – Eyla sei Dank.
Mitgefühl, Sicherheit und Geborgenheit vermitteln
Wenn Angela Burgherr von Eyla, dem altdeutschen Schäferhund, und Ria, dem Papillon, erzählt, so ist ihre Begeisterung deutlich spürbar. Die Leiterin des Psychiatrie-Teams ist Initiantin des Therapiehunde-Konzepts bei der Spitex NOA (Nord Ost Aargau AG). Am Anfang stand, wie so oft, eine Idee: «Als Mitglied der Geschäftsleitung und Qualitätsverantwortliche unserer Spitex stelle ich mir regelmässig die Frage, wie ich unser Angebot weiterentwickeln kann. Dabei schien es mir sinnvoll, auch auf Ressourcen zurückzugreifen, die bereits in unserer Organisation vorhanden sind.» Mit «Ressourcen» meint Angela Burgherr die beiden Spitex-Mitarbeiterinnen und Besitzerinnen von Eyla respektive Ria: Claudia Schweizer, 45-jährige Fachfrau Gesundheit (FaGe) und angehende Pflegefachfrau HF, sowie Monika Erzinger, 61-jährige Pflegefachfrau HF. Aus der Idee entstand rasch ein konkretes Projekt: Seit Anfang 2025 prüft die Spitex NOA im Rahmen eines Pilotversuchs, ob sich Hunde für den Therapieeinsatz bei den Klientinnen und Klienten eignen. Dazu Angela Burgherr: «Die Einsatzmöglichkeiten sind sehr breit: mit den Therapiehunden spazieren gehen, spielen, ihnen Aufträge oder Befehle erteilen – vieles ist möglich.» Allein durch seine Gegenwart und Zuwendung schaffe der Hund eine entspannte und tröstende Atmosphäre, führt sie weiter aus. Seine Aufgabe: den Klientinnen und Klienten Mitgefühl, Geborgenheit und Sicherheit vermitteln. Die bisher gemachten Erfahrungen stimmen mehr als positiv, wie das eingangs beschriebene Beispiel zeigt.

Temperament des Hundes ist wichtiger als die Rasse
Angela Burgherr besitzt ebenfalls einen Hund: einen Mini Australian Shepherd namens Imani («ein toller Hund, aber nicht als Therapiehund ausgebildet»). Die 43-jährige Pflegefachfrau HF weiss daher aus eigener Erfahrung, was die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Mensch-Hunde-Gespann sind: «Als Halterin oder Halter muss ich meinen Hund sehr gut kennen. Genauso wichtig sind präzise Kommandos, zudem ist eine klare Kommunikation zwischen Besitzerin und Hund das A und O.» So tragen Eyla und Ria während ihren Einsätzen ein Hundegeschirr, das ihnen signalisiert, dass sie arbeiten und eine besondere Rolle haben. In der Beziehung mit den Klientinnen und Klienten stünden deren Bedürfnisse im Zentrum, erläutert Angela Burgherr das Konzept: «Mitarbeiterin und Klientin oder Klient entscheiden gemeinsam über die Aktivität. Manchmal gehen alle miteinander spazieren, manchmal sitzen die Klientinnen und Klienten lediglich auf einem Stuhl, streicheln den Hund oder werfen ihm ein Spielzeug zu», erläutert sie. Die Einsätze können maximal eine Stunde dauern (Kostenpunkt: 65 Franken; vgl. Kasten), was allerdings selten vorkomme, üblich seien 20 bis 30 Minuten. «Wird jemand kribbelig, so kann die Mitarbeiterin, welche die Hunde führt, den Einsatz allerdings auch abbrechen», betont die Pflegefachfrau.
Als Qualitätsverantwortliche ist es Angela Burgherr wichtig, dass die eingesetzten Hunde über eine entsprechende Ausbildung verfügen1. «Mit den Therapiehunde-Einsätzen liegt die gesamte Verantwortung bei uns. Unsere Hunde werden zudem jährlich auf ihre Eignung hin überprüft». Schnell könne sich im Umfeld des Hundes etwas verändern, etwa, wenn plötzlich ein Kleinkind im selben Haushalt lebe. «Manche Hunde reagieren auf solche Veränderungen mit Stress und sind dann nicht mehr geeignet.» Sowohl Schäferhündin Eyla als auch Papillon Ria verfügen bereits über die erforderliche Ausbildung. Nächstes Jahr wird das Hundeteam mit einem Golden Retriever erweitert. Aktuell befindet er sich noch in der Ausbildung zum Therapiehund. Golden Retriever gelten als typische Familienhunde – sind sie besonders für den Therapieeinsatz geeignet? Angela Burgherr verneint: «Die Rasse der Hunde spielt keine Rolle. Viel wichtiger sind der Charakter und das Temperament. Zudem schauen wir darauf, wie sich der Hund im sogenannten ‹Stresstest› verhält.» Dabei wird der Hund mit verschiedenen Reizen konfrontiert mit dem Ziel, dass er seine Impulse kontrollieren kann.

Zu sehen, wie vielfältig Therapiehunde eingesetzt werden können, berührt mich sehr.
Angela Burgherr
Initiantin des Therapiehundekonzepts und GL-Mitglied der Spitex NOA
Nachfrage entwickelt sich langsam, aber stetig
Wie haben die Mitarbeitenden auf ihre neuen vierbeinigen Arbeitskolleginnen reagiert? Dazu Angela Burgherr: «Wir haben dem Team den Nutzen von Therapiehunden erklärt. Die Reaktionen waren positiv – auch von den Mitarbeitenden, die selbst keine Hunde haben.» Sie weist in diesem Zusammenhang auf die Wirksamkeit tiergestützter Therapien hin: «Diese ist durch zahlreiche US-Studien belegt. Tierische Gesundheitsförderung kann dazu führen, dass Glückshormone ausgeschüttet werden, der Blutdruck gesenkt wird, Schmerzen gelindert sowie Ängste gemildert werden und sogar die Beweglichkeit gefördert wird», ist Angela Burgherr überzeugt. Die Nachfrage entwickle sich langsam, aber stetig, die Rückmeldungen seitens Klientinnen und Klienten stimmten zuversichtlich, beschreibt die 43-Jährige. Gegen Ende Jahr wird der Pilotversuch ausgewertet. Anschliessend soll das Angebot, von dem derzeit ausschliesslich somatische Klientinnen und Klienten profitieren können, auf die Psychiatrie- und Palliativ-Pflege ausgeweitet werden. Gerade bei psychiatrischen Klientinnen und Klienten verspricht sie sich viel: «Ich erinnere mich an einen 81-jährigen Klienten mit Multipler Sklerose aus der somatischen Pflege, der überdies demenziell erkrankt war. Über den Hund fanden wir gewissermassen einen neuen Zugang zu dem Mann. Und plötzlich war da dieses Leuchten in den Augen. Zu sehen, wie vielfältig Therapiehunde eingesetzt werden können, berührt mich sehr.»
Einsätze auch bei Menschen mit eingeschränkten finanziellen Mitteln ermöglichen
Die Therapiehunde-Einsätze sind keine kassenpflichtige Leistung – die Kosten müssen daher von den Klientinnen und Klienten selbst übernommen werden. Für Menschen mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten – etwa Bezügerinnen und Bezügern von Ergänzungsleistungen (EL), Sozialhilfe oder IV oder Menschen mit einer Beistandschaft – kann dies eine Hürde darstellen. Die Spitex NOA sucht daher Unternehmen als Sponsoringpartner, damit Therapiehundeeinsätze auch bei finanziell Benachteiligten möglich sind. Die Einnahmen aus dem Sponsoring fliessen in einen separaten Fonds.
Weitere Informationen und Auskünfte
Angela Burgherr, Teamleiterin Psychiatrie,
Bereichsleitung Qualität und Mitglied der
Geschäftsleitung, a.burgherr@spitex-noa.ch,
Telefon 056 221 14 42
→ www.spitex-noa.ch
- Dazu arbeitet die Spitex NOA mit den beiden Vereinen Therapiehunde Schweiz und SC Therapiehunde zusammen. ↩︎