«Im Todesfall sind viele unterversichert – ohne es zu wissen»

Worauf es rund um Versicherungen auch für Spitex-Mitarbeitende ankommt, um im Alltag rundum geschützt zu sein, wo sie sparen können und wie sie sich für den Todesfall absichern sollten – all dies erklären Michael Lauper und Oliver Bachmann, Experten der Allianz Suisse.

INTERVIEW: MARTINA KLEINSORG

Oliver Bachmann (links) und Michael Lauper von Allianz Suisse wissen, warum es sich lohnt, Versicherungen regelmässig zu überprüfen. Bild: Martina Kleinsorg

SPITEX MAGAZIN: Der Tod ist nach wie vor ein Tabuthema, wie in dieser Ausgabe des «Spitex Magazins» klar wird – zeigt sich dies auch in Ihrer Beratungspraxis?
MICHAEL LAUPER1: Absolut. Wer spricht schon gerne über den Tod? Von Kundinnen und Kunden höre ich oft Aussagen wie: «Wenn ich tot bin, betrifft es mich ja nicht mehr.» Das ist verständlich, aber riskant – vor allem für die Hinterbliebenen. Der Tod kommt oft unerwartet, zum Beispiel durch einen Unfall.

Warum ist es auch für Spitex-Mitarbeitende so wichtig, sich für den Todesfall abzusichern – sei es für den eigenen oder denjenigen des Partners oder der Partnerin?
MICHAEL LAUPER: Das Schweizer Vorsorgesystem basiert auf dem 3-Säulen-Prinzip: staatlich, beruflich und privat. Es soll finanzielle Sicherheit im Alter, bei Invalidität und im Todesfall gewährleisten. Doch die AHV reicht kaum zur Existenzsicherung. In der zweiten Säule sind ­Teilzeitangestellte, wie es viele Spitex-Mitarbeitende sind, durch den geringeren versicherten Lohn oft nur unzureichend versichert. Viele wissen gar nicht, welche Leistungen im Todesfall überhaupt fliessen würden. Dabei kann der Verlust eines Einkommens massive Folgen haben – etwa bei Familien mit Kindern oder bei Wohneigentum, wenn es um Ausbildungskosten oder die Tragbarkeit von Hypotheken geht.

Wie finde ich heraus, ob ich ausreichend abgesichert bin?
MICHAEL LAUPER: Der erste Schritt ist die Vorsorgeanalyse. Sie zeigt basierend auf der individuellen Situation auf, wo Versorgungslücken bestehen. Gerade im Todesfall sind viele unterversichert, ebenso gegen Erwerbsunfähigkeit – ein weiteres wichtiges Thema. Spitex-Mitarbeitende leisten körperlich anspruchsvolle Arbeit. Wer vollständig ausfällt, erhält aus erster und zweiter Säule oft nur 60 Prozent des bisherigen Einkommens. Das reicht selten, um den gewohnten Lebensstandard zu halten.

Welche Möglichkeiten gibt es, diese Lücken zu schliessen?
MICHAEL LAUPER: Es gibt zahlreiche Lösungen. Eine Risikolebensversicherung bietet im Todesfall gezielten Schutz für die Hinterbliebenen. Kombiniert mit einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung ist man auch bei längerer Krankheit oder Unfall abgesichert. Wer zusätzlich Vermögen aufbauen möchte, kann etwa eine fondsgebundene Lebensversicherung in Betracht ziehen. Und: Beiträge in die gebundene Vorsorge, also die Säule 3a, lassen sich von den Steuern abziehen. Je früher man in die private Vorsorge einsteigt, desto tiefere Prämien zahlt man monatlich über die Laufzeit.

OLIVER BACHMANN: Um Mitarbeitende in der zweiten Säule besserzustellen, gibt es für Arbeitgebende auch die Möglichkeit, den hohen Koordinationsabzug von 26 460 Franken ins Verhältnis zum Beschäftigungsgrad zu stellen oder ganz darauf zu verzichten. Dadurch ist der versicherte BVG-Lohn deutlich höher – was wiederum bessere Renten gibt. 

Dazu ein Beispiel: Mirjam ist 25 Jahre alt und arbeitet in einem 50% Pensum mit einem Jahreslohn von CHF 45 000

  1. Gesetzlicher BVG – Plan: lebenslange BVG – Rente CHF 7600 im Jahr
  2. Teilzeit BVG – Plan: lebenslange BVG – Rente CHF 13 000 im Jahr (1)
  3. Top BVG – Plan: lebenslange BVG – Rente CHF 18 500 im Jahr (2)

(1) Koordinationsabzug im Verhältnis zu Pensum
(CHF 26 460 – 50% = nur noch CHF 13 230)
(2) Ohne Koordinationsabzug – Jahreslohn = BVG – Lohn.

Fazit: Eine Anpassung des Koordinationsabzug für Teilzeit- und Angestellte mit tiefem Einkommen ist unerlässlich!

Im weltweiten Vergleich gilt die Schweizer Bevölkerung als überversichert. Wo zahlen vielleicht auch Spitex-Mitarbeitende zu viel?
OLIVER BACHMANN: Versicherungen haben in der Schweiz einen hohen gesellschaftlichen Wert. Doppelte Prämien will niemand bezahlen, viele tun es trotzdem. Weil sie zum Beispiel nicht realisieren, dass ihre Kreditkarte bereits eine Reiseversicherung beinhaltet oder dass sie über den TCS bereits eine Pannenhilfe oder Unfallzusatzversicherung haben. Solche Überschneidungen lassen sich im Beratungsgespräch schnell aufdecken. 

Kommt es bei der Unfallversicherung oft zu Doppeldeckungen?
MICHAEL LAUPER: Ja, wer mehr als acht Stunden pro Woche angestellt ist, ist automatisch über den Arbeitgeber auch gegen Nichtberufsunfälle versichert. In diesem Fall kann man die Unfalldeckung bei der Krankenkasse ausschliessen. Auch bei anderen Versicherungen lohnt sich ein regelmässiger Check: Ein 15-jähriger Mittelklassewagen braucht zum Beispiel keine Vollkasko mehr.

OLIVER BACHMANN: Einmal im Jahr sollte man das Gespräch mit einer Beraterin oder einem Berater suchen, um die Versicherungssituation zu überprüfen. So lassen sich durch gezielte Optimierung Prämienfranken einsparen. Ebenso ist sichergestellt, dass neue Risiken mitversichert sind, weil man mögliche Lücken entdeckt – etwa, wenn das neue ­E-Bike noch nicht in der Hausratversicherung erfasst ist. 

Doppelte Prämien will niemand
bezahlen, viele tun es trotzdem.

Oliver Bachmann

BVG-Experte Allianz Suisse

Wie wichtig ist die private Haftpflichtversicherung?
OLIVER BACHMANN: Sie ist eine der wichtigsten und gleichzeitig günstigsten Versicherungen überhaupt. Man erhält umfassenden Schutz – zum Beispiel bei Personen- oder Sachschäden, die man Dritten zufügt. Die Deckungssumme beträgt in der Regel 5 bis 10 Millionen. Viele Vermieter verlangen mittlerweile den Nachweis einer solchen Police.

Und wie sieht es mit dem Rechtsschutz aus?
OLIVER BACHMANN: Eine private Rechtschutzversicherung kann ich jedem empfehlen – vor allem, weil ein juristischer Konflikt schnell hohe Anwaltskosten auslöst. Egal, ob man selbst Ansprüche geltend macht oder sich verteidigen muss, ist man damit gut abgesichert. Die Jahresprämie entspricht dabei etwa dem Preis einer einzigen Anwaltsstunde.

Wie sieht es aus, wenn ein Missgeschick im Beruf passiert – etwa während eines Spitex-Einsatzes?
OLIVER BACHMANN: Solche Schäden sind normalerweise über die Betriebshaftpflicht des Arbeitgebers gedeckt. Wird jedoch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen – ob zu Recht oder nicht –, ist man mit einer privaten Rechtsschutzversicherung wiederum bestens gewappnet und kann dank einem starken Partner an seiner Seite allfälligen Forderungen gelassen entgegensehen.

Was raten Sie abschliessend denjenigen, die nun rätseln: «Bin ich über- oder unterversichert?» 
MICHAEL LAUPER: Dass es jetzt der richtige Zeitpunkt ist, die Antwort herauszufinden. Eine gemeinsame Analyse mit einer Fachperson schafft Klarheit und beruhigende Gewissheit. Oft lassen sich damit nicht nur Kosten senken, sondern auch Risiken absichern, an die man selbst gar nicht gedacht hat.

Über Allianz Suisse
Allianz Suisse, seit 2022 Premiumpartnerin von Spitex Schweiz, bietet Dienstleistungen in den Geschäftsfeldern Versicherungs- und ­Vorsorgelösungen sowie in den Teilmärkten Auto, Motorrad, Reisen, Haushalt, Rechtsschutz, ­Invalidität und Todesfall an. Spitex-Mitarbeitende profitieren von Vorzugskonditionen für bestehende und neue Versicherungen; mehr dazu im Extranet von Spitex Schweiz. 
www.allianz.ch

  1. Michael Lauper ist Vorsorgespezialist und Oliver Bachmann ist BVG-Experte des KMU Kompetenzzentrums der Allianz Suisse, Premiumpartnerin von Spitex Schweiz. ↩︎

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