
«Ein Todesfall darf nie eine Randnotiz sein»
Bei der Spitex gehört der Tod zum Beruf dazu, wie eine Umfrage zeigt (vgl. Infokästen am Ende des Interviews). Regula Buder, stellve...
Sprechen wir über den Tod
Liebe Leserinnen und Leser
Diese Ausgabe befasst sich damit, wie Pflegende mit dem Tod umgehen. Passend dazu lesen und hören wir vieles zum Sterben und zum Tod. Aber bedeutet dies gleichzeitig, dass wir uns mit diesen Themen auseinandersetzen? Eine Freundin sagte mir, dass das Thema Tod sofort ein Gefühl der Schwere und Traurigkeit auslöse.
Ist dem so – und wenn ja, vielleicht, weil wir wenig darüber sprechen?
In meinem Alltag beim Palliativen Brückendienst Graubünden fühle ich mit, wenn Menschen mit einem Abschied konfrontiert werden. Oft habe ich keine Worte, und Tränen füllen den Moment. Dennoch bereichern mich diese intimen Begegnungen und es ist ein Privileg, diese Menschen begleiten zu dürfen. Wie ich festgestellt habe, haben sie oft keine Angst vor dem Tod – das Sterben bereitet ihnen Sorge: Unheilbar kranke Menschen oder jene, die schreckliche Erinnerungen an den Tod eines geliebten Menschen haben, fragen sich, wie es bei ihnen sein wird. Finden sie keinen Ansprechpartner, drohen sie zu leiden, weil ihre Ängste grösser und grösser werden. Eine kranke Frau sagte einmal: «Ich will niemandem zur Last fallen, alle anderen haben zu tun, dann noch meine Sorgen anhören – nein, das will ich nicht.» Wäre es für sie aber nicht die Zeit, sich mit nahestehenden Menschen zu verbinden und auszusprechen, was so schmerzhaft ist? Weshalb fällt es uns so schwer, über das Sterben zu reden?
Erzählen und Zuhören, gemeinsames Denken, Dasitzen und Schweigen stärken eine Beziehung und das Gefühl, nicht allein zu sein. Können Sie sich vorstellen, dass es entlastend sein könnte, einmal mit einer vertrauten Person bei einem Kaffee darüber zu sprechen, was Sie über das Sterben und den Tod denken? Ungewissheit kann Angst auslösen, aber die Gemeinschaft, das Miteinander können diese Angst überwinden helfen. Zudem bin ich mir selbst niemals bewusster und näher, als wenn ich über Sterben und Tod spreche. Darum: Seien Sie mutig – und hören Sie sich selbst und Ihren Liebsten aufmerksam zu.
Sarah Schönholzer
Leiterin Palliativer Brückendienst Graubünden