Zwei Vorstandsmitglieder von Spitex Schweiz schaffen die (Wieder-)Wahl
Neu sind gleich zwei Vorstandsmitglieder von Spitex Schweiz Mitglied des National- und Ständerats: Ursula Zybach, die auch Präsidentin des Spitex Verbands Kanton Bern ist, wurde am 22. Oktober 2023 neu zur Nationalrätin für den Kanton Bern gewählt. Und Erich Ettlin wurde in stiller Wahl als Ständerat für den Kanton Obwalden bestätigt. Dem «Spitex Magazin» beantworten die beiden jeweils drei Fragen: über ihre Gefühle nach ihrer (Wieder-)Wahl, über ihre Fokusthemen der kommenden vier Jahre – und darüber, wie sie sich in der nationalen Politik für die Spitex einsetzen werden.
Spitex Magazin: Frau Zybach, Sie haben am 22. Oktober mit 47’458 Stimmen die Wahl in den Nationalrat geschafft und damit den neuen, fünften Berner Nationalratssitz für die SP erobert. «What a day!», schrieben Sie auf LinkedIn über den Wahltag. Können Sie genauer ausführen, was Sie gedacht und gefühlt haben, als Sie am Wahltag von diesem Resultat erfuhren?
Ursula Zybach: Es war ein langer Wahlsonntag und ich habe versucht, den Tag möglichst gut zu gestalten. Am Vormittag ging ich ausgiebig im Thunersee schwimmen und hatte grosse Freude, dass ich blühenden Safran in meinem Garten ernten konnte. Die ersten Resultate am Nachmittag stimmten mich fürs Erste zuversichtlich, auch wenn ich ziemlich sicher war, dass es nicht reichen würde. Ich komme aus Spiez, also vom Land – die Wahlen werden jedoch durch die Städte bestimmt. Auf 17 Uhr fuhr ich nach Bern zu meinen SP-Kolleginnen und -Kollegen. Nach dem Abendessen hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass es wirklich reichen könnte, und erst eine halbe Stunde vor Bekanntgabe der Resultate hörte ich erstmals, dass die SP-Frauenliste einen zusätzlichen Sitz erobern könnte. Bei der Bekanntgabe der Resultate im Berner Rathaus um 22.30 Uhr gab es nach den Namen der Bisherigen eine kleine Kunstpause, bis mein Name genannt wurde – ich habe mich noch nie so gefreut, meinen Namen zu hören! Und dann: Küsse, Umarmungen, Blumen, Interviews. Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu strahlen. Auf dem Weg nach Hause haben wir zweimal Halt gemacht: Einmal auf dem Bundesplatz, wo zwei rote Stühle standen, und ich nahm mir Zeit, diesen Moment zu geniessen. Der zweite Halt war im Rehazentrum Geriatrie in Belp. Nach Mitternacht habe ich meine Mutter besucht und ihr den Blumenstrauss geschenkt. War es doch sie, die mich als Kind und Jugendliche für politische Themen wie insbesondere die Gleichstellung sensibilisiert hat. Kurz zusammengefasst eben: What a day!
«Für gesunde Finanzen und eine finanzierbare Gesundheit», lautet der erste grosse Titel auf Ihrer Website www.zyba.ch. Heisst dies, dass Ihr Augenmerk in der kommenden Legislatur vor allem den Themen Finanzen und Gesundheitssystem gelten wird – oder welchen Themen stattdessen / auch noch?
Ursula Zybach: Finanzen und Gesundheit inklusive Krankenversicherungsprämien werden sicher meine Hauptthemen sein – da bringe ich auch am meisten Fachwissen und Erfahrung mit. Weiter sind mir ökologische Themen wie Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz, respektive CO2-Reduktion wichtig. Aber auch Raumplanung und preisgünstiger Wohnungsbau sind für mich Herzensangelegenheiten. Und als Tochter eines Lokomotivführers auch alles im Zusammenhang mit dem öffentlichen Verkehr.
Finanzen und Gesundheit
inklusive Krankenversicherungsprämien werden sicher meine Hauptthemen sein – da bringe ich auch am meisten Fachwissen und Erfahrung mit.
Ursula Zybach
Frischgewählte Nationalrätin SP
Sie seien eine «starke Vertretung aus dem Oberland im Nationalrat», schrieb die «Jungfrau Zeitung» am 29. September 2023. Inwiefern dürfen wir damit rechnen, dass Sie in der grossen Kammer auch eine starke Vertretung der Spitex sein werden?
Ursula Zybach: Ich werde alles geben, um die Spitex-Anliegen mit grossem Engagement zu vertreten. Denn die Pflege zu Hause wird in den kommenden Jahren einen immer grösseren Stellenwert einnehmen. Es gilt die Rahmenbedingungen für die Spitex zu verbessern und zu stabilisieren und die Planungssicherheit zu stärken. Im Zentrum stehen neben Fragen der Entschädigung für diese Dienstleistungen auch die Attraktivitätssteigerung des Pflegeberufs in Zeiten des Fachkräftemangels, die Weiterentwicklung der Digitalisierung und die Ausdehnung des Spitex-Angebots. Denn noch immer gibt es in der Schweiz vor allem Angebote für Pflege und nicht für Betreuung. Dank meiner betagten Mutter weiss ich, wie wichtig Betreuung und Unterstützung im Alter sind und wie viel Lebensqualität dadurch gewonnen werden kann.
Nun zu Ihnen, Herr Ettlin: Ihre Wiederwahl in den Ständerat, dem Sie seit 2015 angehören, war bereits vor dem eigentlichen Wahltag klar: Am 4. September 2023 wurde verkündet, dass kein Gegner gegen Sie antrete und Sie damit in stiller Wahl gewählt seien – zum zweiten Mal nach 2019. Was haben Sie gedacht und gefühlt, als dies klar war? Sehen Sie die Konkurrenzlosigkeit als Bestätigung Ihrer Arbeit oder wünschen Sie sich vielleicht sogar wieder einmal einen Wahlkampf um Ihren Verbleib in der kleinen Kammer?
Erich Ettlin: Natürlich fehlt bei einer stillen Wahl die Zahl der Obwaldnerinnen und Obwaldner, die für mich gestimmt hätten. Aber das ist nun einmal in unserem (kantonalen) System möglich. Und ich nehme mir die Bestätigung aus dem Fakt, dass niemand gegen mich angetreten ist. Man kann davon ausgehen, dass es Kandidatinnen oder Kandidaten gegeben hätte, wenn man mit meiner Arbeit unzufrieden gewesen wäre. Ich habe aber trotzdem «Wahlkampf» gemacht, indem ich in allen Gemeinden an Samstagen im September und Oktober hingestanden bin und für Fragen sowie Diskussionen zur Verfügung stand.
Gegenüber «Pilatus Today» (24.09.2023) sagten Sie, Sie hofften, dass Sie als Ständerat bisher «einige Themen im Sinne der Bevölkerung bewegen konnten». Was wollen Sie in den kommenden vier Jahren insbesondere (weiter) bewegen?
Erich Ettlin: Das Gesundheitswesen beziehungsweise dessen Herausforderungen ist natürlich ein wichtiger Teil meiner Ambitionen. Da geht es darum, die vielen Projekte – beispielsweise Kostendämpfungspakete, Vorstösse im Bereich der Digitalisierung und mehr – endlich umzusetzen. Daneben werden uns sicher die Sozialversicherungen weiterhin beschäftigen.
Ich werde mich einfach weiterhin mit vollem Engagement einsetzen und in den vielen Dossiers
versuchen, zu tragfähigen
Kompromissen beizutragen. Das gilt speziell für die Anliegen der Spitex, die auch für mich Herzensprojekte sind.
Erich Ettlin
Wiedergewählter Ständerat Die Mitte
Laut «Pilatus Today» gelten Sie in Bern als «kluger Brückenbauer». Inwiefern dürfen wir damit rechnen, dass Sie auch in Zukunft ganz besonders für die Spitex diejenigen Brücken bauen, welche sie benötigt?
Erich Ettlin: Ich werde mich einfach weiterhin mit vollem Engagement einsetzen und in den vielen Dossiers versuchen, zu tragfähigen Kompromissen beizutragen. Das gilt speziell für die Anliegen der Spitex, die auch für mich Herzensprojekte sind. Es geht nicht immer so, wie man es gerne hätte, und man muss sich vielfach von Maximalforderungen verabschieden. Sicher war der Einbezug der Pflege in EFAS (einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen) ein wichtiges Thema, bei dem ich mich engagiert habe. Für die Zukunft gibt es einige Spitex-Themen zu beachten, insbesondere die Umsetzung der Pflegeinitiative sowie die weitere Arbeit an EFAS und der Tarifierung.
Interview: Kathrin Morf
Fotos: Die Bundesversammlung – das Schweizer Parlament / zvg
Zu den Interviewten
Ursula Zybach, 56, aus Spiez BE ist seit 2018 Präsidentin des Spitex Verbands Kanton Bern und seit 2019 Vorstandsmitglied von Spitex Schweiz. Die diplomierte Lebensmittelingenieurin ETH wurde 2012 zur Gemeinderätin von Spiez gewählt und 2014 zur Berner Grossrätin. Zudem ist sie Stiftungsrätin bei IdéeSport und dem UNESCO-Welterbe Jungfrau Aletsch sowie unter anderem Vorstandsmitglied bei Arbeitssicherheit Schweiz und Benevol Kanton Bern. Im Sommer 2023 wurde sie von der SSPH+ mit dem Titel «Honorary Fellow 2023» für ihre grossen Verdienste in der öffentlichen Gesundheit ausgezeichnet. In der Vergangenheit war sie Präsidentin von Public Health Schweiz (2009-2022), Geschäftsleitungsmitglied der Krebsliga Schweiz (2008-2013), Vizepräsidentin der SP Kanton Bern (2010-2017) sowie Berner Grossratspräsidentin (2017/2018). www.zyba.ch
Erich Ettlin, 61, ist diplomierter Betriebsökonom HWV/FH sowie eidgenössisch diplomierter Steuerexperte und Wirtschaftsprüfer. Der Kernser «Die Mitte»-Politiker, Steuerexperte und Partner der BDO AG wurde 2015 zum Ständerat des Kantons Obwalden gewählt. Derzeit ist er zum Beispiel Präsident der Finanzkommission Subko 2 und der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates. Zudem ist er unter anderem Verwaltungsratsmitglied der CSS und seit 2020 Vorstandsmitglied von Spitex Schweiz. In der Vergangenheit war er zum Beispiel Vorsteher der kantonalen Steuerverwaltung Obwalden (1996-2001). www.erich-ettlin.ch