Spitex: ein gutes Rezept für eine gute Balance

Fünf Mitarbeitende von Mitgliedern von Spitex Schweiz berichten, wie ihr Arbeitgeber dazu beiträgt, dass sie ihre Arbeit mit anderen Lebensbereichen vereinbaren können – insbesondere mit der Familie, aber auch mit Zweitberufen, Hobbys und Weiterbildungen.

Die schwangere Marlene Nyffenegger wurde von der Spitex Region Müllheim, hier Geschäftsführer Michael Kunz, angestellt. Bild: zvg

Pflegefachfrau und Landwirtin Marlene Nyffenegger war schwanger auf der Suche nach einer Arbeitsstelle – und fand diese bei der Spitex Region Müllheim TG.

Marlene Nyffenegger aus Herdern TG mag es, mehrere Berufe gleichzeitig auszuüben. In der Vergangenheit war die 33-Jährige beispielsweise als Pflegefachfrau HF bei der Spitex Region Müllheim TG tätig und arbeitete gleichzeitig im Service. Eines Tages reifte in ihr dann aber der Wunsch, mehr über die Landwirtschaft zu lernen. Der Hauptgrund hierfür war, dass sie und ihr Mann einen kleinen Hof besitzen, den sie gerne reaktivieren wollen. Sie verliess ihren geliebten Pflegeberuf und startete 2021 mit der zweijährigen Lehre zur Landwirtin EFZ. Nach dem Lehrabschluss im Sommer 2023 musste sie eine neuen Arbeitsstelle suchen, wofür sich jedoch eine potenzielle Hürde ergeben hatte. «Ich war schwanger», berichtet sie. Zwar verbietet es das Schweizer Gesetz, eine Frau nur aufgrund ihrer Schwangerschaft nicht einzustellen. «Dennoch dachte ich mir, dass ich im sechsten Schwangerschaftsmonat nie eine neue Stelle finden würde», sagt Marlene Nyffenegger. «Nur bei der Spitex Region Müllheim rechnete ich mir eine kleine Chance aus, weil man mich dort schon kannte.» Ihre Hoffnungen sollten nicht enttäuscht werden.

Ich dachte, dass ich im sechsten Schwangerschaftsmonat nie eine Stelle finden würde.

MARLENE NYFFENEGGER

Pflegefachfrau Spitex Region Müllheim

Maximale Flexibilität für Eltern
Michael Kunz ist seit März 2022 Geschäftsführer der Spitex Region Müllheim, deren 55 Mitarbeitende mit einem durchschnittlichen Pensum von 49 Prozent tätig sind. «Die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist überschaubar, um es vorsichtig zu formulieren. Darum müssen wir auch das grosse Potenzial an Pflegefachkräften in der Familienpause ausschöpfen. Denn viele von ihnen wollen arbeiten – sie finden aber kaum Arbeitgeber, die ihnen ein kleines Pensum und ausreichend Flexibilität bieten», sagt er. Früher arbeitete Michael Kunz im Spital und «war immer neidisch auf die Spitex, die besser verstand, wie man Fachkräfte mit Kindern für sich gewinnt.» Als er Geschäftsführer der Spitex Region Müllheim wurde, führte er darum sofort «maximale Flexibilität für maximale Vereinbarkeit von Beruf und Familie» ein. «Wir stellen Eltern auch mit sehr niedrigen Pensen an und lassen sie ihre Arbeitstage und Arbeitszeiten selbst bestimmen», erklärt er. Zudem kann die Organisation kurzfristig auf einen wachsenden Springer-Pool zurückgreifen, wenn das Kind einer Mitarbeiterin zum Beispiel krank im Bett liegt. Derzeit profitieren 14 Mütter von diesem Angebot. Michael Kunz räumt indes ein, dass die maximale Flexibilität ihren Preis hat: «Der Aufwand für die Dienstplanung hat sicherlich zugenommen, aber er zahlt sich aus. Wir erhalten gute Mitarbeitende, die nach ihrer Familienpause oft ihr Pensum erhöhen – und die uns die Flexibilität zurückgeben, wenn immer es ihnen möglich ist.» Dass eine Schwangere sich bewirbt, war aber auch für Michael Kunz neu. «Viele sagten mir, dass es verrückt wäre, eine Schwangere einzustellen», berichtet er. Dennoch beschloss der Geschäftsführer nach einigem Grübeln, auch hier Flexibilität zu beweisen und Marlene Nyffenegger einzustellen – und nach einem Austausch mit dem Vorstand gab dieser ebenfalls grünes Licht. «Diesen Entscheid habe ich keine Sekunde bereut. Marlene ist ein grosser Gewinn für uns», sagt Michael Kunz.

Zum Zeitpunkt des Interviews mit dem «Spitex Magazin» ist Marlene Nyffenegger in der 35. Woche schwanger und kann ihre Arbeit gut mit dem wachsenden Bauch vereinbaren. «Ich bin häufig im Wundambulatorium und im Büro tätig, weil ich nicht länger als fünf Stunden stehend arbeiten darf», erklärt sie. Wie sie Mutterschaft, Landwirtschaft und Pflege nach ihrem Mutterschaftsurlaub aufteilen wird, weiss die 33-Jährige noch nicht genau. «Ich weiss aber bereits jetzt, dass ich mit der Spitex Region Müllheim eine super Arbeitgeberin gefunden habe, die alles tut, damit ihre Mitarbeitenden ihre unterschiedlichen Lebensbereiche gut vereinen können.»

Daniela Marogg arbeitet nicht nur bei Spitex Nidwalden, sondern auch als Fotografin auf Hochzeiten – und ist dabei kürzlich auf Zeremoniengestalterin Nicole Hermann getroffen, die ebenfalls Teilzeit für Spitex Nidwalden arbeitet.

Zeremoniengestalterin Nicole Hermann (l.) und Hochzeitsfotografin Daniela Marogg, beide von Spitex Nidwalden, trafen sich auf einer Hochzeit. Bild: Chris Marogg / Liebe rockt

Daniela Marogg aus Altdorf UR hat mit ihren 37 Jahren bereits zwei Traumberufe gefunden. «Die Erfüllung, die ich durch meine Arbeit als Fachfrau Gesundheit finde, ist unbezahlbar», sagt die Urnerin, die seit November 2020 zu 90 Stellenprozent als Fachfrau Gesundheit (FaGe) bei Spitex Nidwalden tätig ist. Den zweiten Traumberuf entdeckte sie gemeinsam mit ihrem Traummann: 2018 lernte sie ihren heutigen Ehemann Chris kennen, einen selbstständigen Hochzeitsfotografen, welcher sie die Kunst der Fotografie lehrte. Seit 2019 sind die beiden unter den Namen «Daniela & Chris – Liebe rockt» gemeinsam als Hochzeitsfotografen unterwegs (www.lieberockt.ch). Etwa einmal im Monat fotografieren sie zusammen eine Hochzeit, aber die Fotografie gibt nicht nur am Wochenende zu tun. «Dank der flexiblen Arbeitszeiten bei Spitex Nidwalden kann ich gegen Abend Fotoshootings anbieten, wenn das Licht am schönsten ist», sagt Daniela Marogg. «Zudem laden wir alle Hochzeitspaare zu einem persönlichen, entspannten Gespräch samt Essen in unser Zuhause ein, um einander besser kennenzulernen.»

Doch was reizt eine FaGe, freie Abende und Wochenenden mit einem weiteren Beruf zu füllen? «Es gibt für mich nichts Schöneres, als verliebte Paare an ihrem bedeutendsten Tag zu begleiten und die wundervollen Momente in Bildern festzuhalten», erklärt Daniela Marogg. Die Kombination aus ihrer Leidenschaft für die Pflege und die Hochzeitsfotografie bedeute eine perfekte Balance für sie. «Es erfüllt mich mit Freude, dass ich in beiden Tätigkeiten durch meine Präsenz anderen Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubern kann», sagt sie.

Wird die Doppelbelastung doch einmal zu gross oder belastet eine herausfordernde Situation in der Pflege Daniela Marogg auch im Privatleben, kann sie auf die Unterstützung von Spitex Nidwalden zählen. «Ich habe dann die Möglichkeit, mich mit Kolleginnen, Teamleitungen oder Pflegeexpertinnen auszutauschen, um die Herausforderungen zu bewältigen», erklärt sie. Von ­allen beruflichen Verpflichtungen abschalten kann die 37-Jährige zudem auf Reisen, in der Berghütte ihrer ­Eltern in Isenthal UR oder auch beim Pilzesammeln.

Zeremoniengestalterin und Kommunikationsfachfrau
Kürzlich weilte Daniela Marogg mit ihren Kameras an einer Hochzeit, an der eine weitere Mitarbeiterin der Spitex Nidwalden ihrem Zweitberuf nachging: Nicole Hermann ist seit 2015 verantwortlich für Marketing und Kommunikation – mit 10 bis 15 Stellenprozenten. «Dieses kleine Pensum hat es mir ermöglicht, neben meiner Arbeit bei der Spitex meine Selbstständigkeit als Zeremoniengestalterin aufzubauen», berichtet die 53-Jährige mit MAS in Kommunikation.

Seither gestaltet Nicole Hermann im Rahmen ihres eigenen Unternehmens «Zeremonien mit Herz» unterschiedlichste freie Zeremonien und hält dafür einfühlsame Reden (www.zeremonienmitherz.ch). Taufen beziehungsweise «Willkommensfeiern» gehören genauso dazu wie Trauungen, Ehe-Erneuerungen und Trauerfeiern. «Einige meiner Kundinnen arbeiten selbst in der Pflege», berichtet sie. Auch Nicole Hermann, die in der «erweiterten Redaktion» das «Spitex Magazin» unterstützt, erachtet ihre beiden Berufe als ideale Kombination. «Als Zeremoniengestalterin bin ich als ‹Einzelkämpferin› unterwegs», sagt sie. «Umso schöner empfinde ich es, bei der Spitex in einem Team eingebunden zu sein.»

Tom Jakob arbeitet Teilzeit bei der Spitex Biel-­Bienne Regio – und schätzt die vielen Freiheiten bei seiner Arbeit, die «ein grosser Bonus für
meine Familie» sind, wie er sagt.

Tom Jakob von der Spitex Biel-Bienne Regio mit Frau und Tochter. Bild: zvg

Nicht «nur» Mütter schätzen die flexiblen Arbeitsbedingungen bei der Spitex, sondern auch Väter. Und Pflegefachmann Tom Jakob von der Spitex Biel-Bienne Regio ist ein begeisterter Vater. «Meine fünfjährige Tochter Gwendolyn ist meine Hauptbeschäftigung», sagt der 54-Jährige aus Kallnach BE. «Sie ist ein Papi-Fan und wir machen alles zusammen, von Kochen über Velofahren bis hin zum Besuchen von Freunden und Familie.» Tom Jakobs Frau Denise ist mit einem Pensum von rund 40 Prozent als selbstständige Pflegefachfrau tätig und betreut unter anderem Frauen im Wochenbett. Von Freitagabend bis Montag ist Tom Jakob der Hauptverantwortliche für Gwendolyn, von Dienstag bis Freitagnachmittag seine Frau.

Ausser um seine Tochter kümmert sich Tom Jakob auch gerne um seinen grossen Garten mit den 18 Obstbäumen, in welchem auch Hühner und Mini-Pigs leben. Zudem besucht er gerne seine Enkel – sein 33-jähriger Sohn Nicolai aus einer früheren Beziehung hat drei Kinder. Zudem ist Tom Jakob ein «Viel- und Schnellleser», geniesst Schwitzhütten auf Lakota-Art und liebt das Kochen. «Die Zeit mit meiner Familie und meine Hobbys sorgen dafür, dass ich mich von meiner Arbeit erholen kann, bei der ich stets auf Hochtouren laufe», sagt er. Gelinge diese Regeneration, sei die Spitex eine Arbeitgeberin, die «fägt», wie er betont. «Die rund 200 Mitarbeitenden der Spitex Biel-Bienne Regio sind mit Leidenschaft und Herzblut tätig, und das gilt auch für mich», sagt der Pflegefachmann, der seit rund zehn Jahren für die Bieler Spitex tätig ist. Derzeit trägt er dort vier Hüte: Er ist stellvertretender Standortleiter des Standorts Pieterlen/Lengnau, Berufsbildner, interRAI-HC-Abklärer für komplexe Fälle und er pflegt Klientinnen und Klienten zu Hause.

Die Spitex Biel-Bienne Regio tut ihr Möglichstes, damit ihre
Mitarbeitenden Arbeit und Privatleben vereinbaren können.

TOM JAKOB

Pflegefachmann Spitex Biel-Bienne Regio

Die Tochter spielt schon Spitex
Tom Jakob schätzt es, dass der Montag sein unantastbarer «Papi-Tag» sein darf. «Die Spitex Biel-Bienne ­Regio tut aber auch sonst ihr Möglichstes, damit ihre Mitarbeitenden Arbeit und Privatleben vereinbaren können», lobt er. «So hat mir meine Arbeitgeberin ­einen Monat Vaterschaftsurlaub geschenkt, den ich sehr genossen habe, und sie bezahlt mir die vollen Familien- und Kinderzulagen», beginnt er aufzuzählen. «Weiter arbeite ich oft 100 Prozent, wenn es die Situation erfordert, trotz 80-Prozent-Pensum. Die Überzeit kann ich kompensieren, wann ich möchte. Ich muss meine Freitage und Ferien nur mit unserer Standortleiterin Andrea Valli koordinieren. Diese Freiheit, die meiner Familie zugutekommt, schätze ich sehr.» Im Gegenzug hilft Tom Jakob aus, wenn irgendwo der Personalmangel «zuschlägt», auch im Spätdienst und am Wochenende.

Was er bei der Spitex alles tut, erzählt Tom Jakob auch oft seiner Tochter – und die Fünfjährige hört zweifellos zu. «Kürzlich lag ich mit Grippe im Bett. Da klopfte Gwendolyn an die Tür und verkündete, dass die Spitex da sei», erzählt Tom Jakob lachend. «Dann hat sie einen kleinen Radio mit Kopfhörern an mein Bein ‹angehängt› und mir gesagt, sie schaue später noch einmal vorbei, um nach mir zu sehen und das Gerät abzuhängen. Ich bin mir sicher, dass ich dadurch ein bisschen schneller gesund wurde.»

Nach Jahren der Suche nach dem richtigen Karriereweg und einem Berufswechsel fand die 33-jährige Amadea Gamboni, Pflegehelferin im SMZ von Orbe VD, ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Bereichen, die ihr Leben ausmachen.

Amadea Gamboni von der Spitex des SMZ von Orbe in ihrer Pferdepension. Bild: zvg

Jeden Morgen steht Amadea Gamboni gut gelaunt auf. Die Ehefrau und Mutter aus Valeyres-sous-Rances VD leitet eine Pferdepension und arbeitet bei der Spitex – genauer übt sie neben ihrer Leidenschaft für das Reiten mit 60 Stellenprozent den Beruf der Pflegehelferin bei der Spitex des sozialmedizinischen Zentrums (SMZ) von Orbe aus. «Heute liebe ich, was ich tue», sagt die 33-jährige Mutter eines eineinhalbjährigen Mädchens. Nach einer Lehre als Pferdepflegerin und als Uhrmacherin arbeitete Amadea Gamboni über sieben Jahre lang in einer Uhrenfirma. «Die Herstellung von Luxusuhren entsprach nicht meiner Persönlichkeit. Ich fühlte mich für die Gesellschaft nutzlos», berichtet sie. Weil sie sich viel um ihre Grosseltern kümmerte, erzählte ihr eine Freundin vom Pflege­helfenden-Kurs des Roten Kreuzes. Amadea Gamboni senkte ihr Pensum und nahm den Kurs in Angriff.

«Als ich mein Praktikum in einem Alters- und Pflegeheim absolvierte, war es um mich geschehen: Menschen zu helfen, ist genau das, was ich tun will», berichtet sie. Anfang 2020 kündigte sie ihre Stelle, um ihrem neuen Beruf in einem Heim nachzugehen. Die ­Arbeit gefiel ihr – bis zur Geburt ihrer Tochter Adaline. Die monatsweisen Planungen mit zufällig zugeteilten Arbeitstagen bereiteten ihr organisatorische Schwierigkeiten. «Die Situation war überhaupt nicht praktisch, wenn man eine Tochter hat und keine Familie, die auf sie aufpassen kann. Wir mussten mit einer Nanny und einer Krippe jonglieren, und das war viel Stress», erinnert sich Amadea Gamboni.

Endlich in der Lage, zu planen und zu organisieren
Ein Wechsel wurde notwendig: Am 1. März 2023 nahm sie ihre Arbeit für das SMZ von Orbe auf. Am besten gefällt ihr dort die Vielfalt der Aufgaben: «Wir ziehen zum Beispiel Kompressionsstrümpfe an, kümmern uns um die Hygiene, bereiten eine einfache Mahlzeit zu, kaufen ein oder machen den Haushalt», erklärt sie. «Wir kümmern uns selten um zwei Personen mit denselben Bedürfnissen.» Das SMZ liegt weniger als zehn Minuten mit dem Auto von ihrem Haus entfernt. «Da ich entweder Früh- oder Spätschicht habe, kann ich mittags zu Hause sein. Ich nutze die Zeit, um zu reiten und die Boxen auszumisten.» Ihre Arbeitsplanung ist auf zwei Wochen ausgerichtet, was ihr ermöglicht, sich vorausschauend zu organisieren. Spitex-Arbeit am Wochenende stört sie dabei nicht: «Dann hat es weniger Verkehr und man bekommt keine Anrufe aus dem Büro. Das ist viel entspannter», erklärt sie.

Im Aussendienst sind die Spitex-Mitarbeitenden mit einem Tablet ausgestattet, auf dem vieles dokumentiert wird. Dies ermöglicht es unter anderem, dass sich die Führungspersonen einen Überblick über das Arbeitsvolumen verschaffen können, sodass sie die Teams im Alltag unterstützen können. «Meine Chefin fragt mich immer, wie es mir geht, und alle Führungspersonen passen gut auf uns auf», lobt Amadea Gamboni.

Die junge Frau denkt manchmal auch ausserhalb der Arbeit an bestimmte Pflegesituationen, aber zu Hause kann sie gut abschalten. «Endlich gelingt es mir, Familie, Arbeit und meine Leidenschaft für die Pferde unter einen Hut zu bringen. Das Gleichgewicht ist immer noch empfindlich, aber es ist schön, in allen Bereichen zufrieden zu sein.» Die Pflege werde immer einen wichtigen Platz in ihrem Leben einnehmen, sagt die 33-Jährige abschliessend. «Ich kann mir vorstellen, meinen Beruf als Pflegehelferin bis zur Rente auszuüben.»

Rahel Schwegler aus Bern arbeitet für ParaHelp und absolviert nebenbei ein Master-Studium. Möglich sei dies dank viel Freiraum, sagt sie.

Rahel Schwegler studiert neben ihrer Arbeit für Parahelp. Bild: zvg

Die Bernerin Rahel Schwegler liebt Abwechslung und ­Herausforderungen. Deshalb zählt sie nicht nur das Klettern sowie Ski- und Hochtouren zu ihren Hobbys – sie mag auch ihre Doppelfunktion für ParaHelp und absolviert nebenberuflich auch noch ein Master-Studium in Pflegewissenschaften. «Seit März 2023 arbeite ich nun für ParaHelp, und diese Stelle passt ideal zu mir», sagt die 27-Jährige, die zuvor für das Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) tätig war. «So darf ich in der Pflegeentwicklung arbeiten, aber auch Klientinnen und Klienten in ihrem Zuhause beraten. Ich kann mein grosses Fachwissen über Querschnittlähmung in meinen Berufsalltag einbringen. Und ich arbeite nur an Werktagen, nicht im Schichtbetrieb und im 70-Prozent-Jahrespensum, wodurch ich meine Arbeit gut mit dem Studium vereinbaren kann.»

ParaHelp ist seit Anfang 2023 Mitglied von Spitex Schweiz (vgl. Spitex Magazin 1/2023). «Ich bin hier zuständig für unterschiedlichste Menschen mit Querschnittlähmung oder ähnlichen Krankheitsbildern wie MS. Ich berate und schule Betroffene, Angehörige sowie das zuständige Fachpersonal, darunter Spitex-Mitarbeitende. Das macht meinen Beruf sehr spannend und abwechslungsreich», sagt Rahel Schwegler. Derzeit besucht sie Klientinnen und Klienten in der Romandie und in der Region Bern. Zum Beispiel hat sie kürzlich für einen jungen Querschnittgelähmten mit Dekubitus alle erforderlichen Schritte in die Wege leitet, um einen langen Heilungsverlauf sowie Komplikationen zu verhindern.

Die Flexibilität von ParaHelp
entlastet mich sehr bei meiner Doppelbelastung durch Studium und Arbeit.

RAHEL SCHWEGLER

Pflegeexpertin ParaHelp

Das Studium bringt sie in allen Bereichen weiter
Rahel Schwegler absolviert ein hybrides Studium: Sie kann einen Grossteil davon digital erledigen und muss nur wenige Tage pro Semester zur Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Winterthur ZH reisen. Stehen Prüfungen an, reicht das Pensum von rund 30 Prozent für das Studium dennoch nicht aus. Auch hier helfen die flexiblen Arbeitsmodelle von ParaHelp weiter. «Ich arbeite in Jahresarbeitszeit. So konnte ich diesen Sommer zum Beispiel fast 100 Prozent arbeiten und meine Überstunden in der Prüfungsphase ausgleichen», erklärt sie. Erstellt werden die Einsatzpläne von ParaHelp Woche für Woche und unter Berücksichtigung der Ressourcen aller Mitarbeitenden. «Diese Flexibilität entlastet mich sehr bei der Doppelbelastung durch Studium und Arbeit.» Darüber hinaus erhalte sie fachliche Unterstützung, dürfe nach Möglichkeit im Home Office arbeiten und ParaHelp übernehme die Semestergebühren. Ihre Vorgesetzte Manuela Friedli frage zudem regelmässig nach, wie es um die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiterin bestellt ist. «Die Doppelbelastung ist trotz meines grossartigen Umfeldes herausfordernd, aber ich bereue meinen Entscheid nicht. Denn das Studium hilft mir in der Pflegeentwicklung genauso weiter wie in komplexen Situationen im Feld», sagt Rahel Schwegler, die ihr Studium im Sommer 2025 abschliessen wird. Zudem könne die Pflege durch die fortschreitende Akademisierung «beweisen, wie eigenständig, hochprofessionell und wirkungsvoll sie ist – und sich dadurch noch weiter vom Assistenzberuf fortbewegen.»

Um verschiedene Lebensbereiche erfolgreich auszubalancieren, müsse man sie alle gut planen, sagt Rahel Schwegler abschliessend. «Man sollte also nicht nur die nötige Zeit für Arbeit und Studium verbindlich einplanen, sondern auch Zeit für das Privatleben», erklärt sie. «Tut man dies nicht, wird man eines Tages nicht mehr genug Energie für alle Lebensbereiche haben.»

Texte: Kathrin Morf, Flora Guéry

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