Diese Broschüre der Kantonspolizei Nidwalden ist auf der Website der Spitex Nidwalden verfügbar, um Klientinnen und Klienten zum Beispiel vor Betrug zu warnen. Am Telefon nie auf Geldforderungen eingehen und nie persönliche Daten bekannt geben, lauten die Tipps. Bild: Kantons­polizei Nidwalden

Ein Blick auf weitere Präventionsbereiche

Die Spitex ist in viele weitere Themen der Krankheitsprävention involviert. Einige besonders aktuelle oder ungewöhnliche Beispiele dafür sollen im Folgenden betrachtet werden. Dabei zeigt sich, dass die Spitex auch in «krankheitsfernen» Bereichen Aufklärungsarbeit leistet, zum Beispiel rund um Betrügereien.

KATHRIN MORF. Prävention von Suizidversuchen und Suiziden
Suizidprävention ist für die Spitex ein immer wichtigeres Thema angesichts der Zunahme von psychischen Krankheiten und der laufenden Verlagerung der Psychotherapien ins ambulante Setting. An dieser Stelle werden zwei Projekte erwähnt, welche von der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz unterstützt werden, genauer von deren Projektförderung Prävention in der Gesundheitsversorgung (PGV): Das Projekt «ASSIP Home Treatment» läuft von 2021 bis 2025 und dreht sich um eine Erweiterung der Kurztherapie ASSIP (Attempted Suicide Short Intervention Program), wie Projektleiterin Dr. Anja Gysin-Maillart von den Universitären Psychiatrischen Diensten (UPD) der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bern erklärt. ASSIP will weitere Suizidversuche nach einem erfolgten präventiv verhindern. Es wurde in Bern entwickelt und umfasst drei Therapiesitzungen, gefolgt von einem brieflichen Kontaktangebot über zwei Jahre. Laut einer Studie der Universität Bern mindert das kosteneffiziente Programm das Risiko von weiteren Suizidversuchen um 80 Prozent. «ASSIP wurde bisher in verschiedenen Kantonen ambulant sowie stationär angeboten – nun steht die Therapieform im Rahmen des Pilotprojekts auch als aufsuchendes Angebot zur Verfügung. Vorerst für alle Betroffenen kostenlos bis Anfang 2025», sagt Dr. Anja Gysin-Maillart. Damit sollen viele weitere gefährdete Personen ab 18 Jahren erreicht werden. Geleitet wird das Projekt von der Universität Bern in Kooperation mit den UPD. Seit Herbst 2022 ist ASSIP Home Treatment indes nicht nur in Bern, sondern auch in den psychiatrischen Kliniken der Kantone Zürich, Waadt und Neuenburg verfügbar. Das Pilotprojekt soll auch die Kooperation aller Schlüsselpersonen aus dem Helfernetzwerk von Betroffenen verbessern. Und weil zu diesem Netzwerk auch die Spitex gehört, arbeitet der Spitex Verband Kanton Bern im Konsortium des Projekts aktiv mit, wie dessen Geschäftsleiter Roger Guggisberg erklärt. «Es ist zentral, dass die Nonprofit-Spitex die verschiedenen Leistungsangebote kennt, um nebst der Erbringung der Pflege die Bevölkerung auch durch gezieltes Zuweisen und eine aktive Mitwirkung im Versorgungsnetzwerk zu unterstützen », sagt er. «Im Projekt wird ein niederschwelliges Angebot geschaffen, das eine Versorgungslücke schliesst – und das den Spitex-Organisationen und ihren Mitarbeitenden spannende Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten bietet, welche ihnen Sicherheit im Alltag geben.» Im Rahmen des Projekts habe es bereits erfolgreiche Zuweisungen durch die Spitex gegeben. Mehr Informationen: www.assip.org oder https://gesundheitsfoerderung.ch/pgv/aktuelle-foerderrunde/ ausgewaehlte-projekte/assip-home-treatment.html Das zweite Projekt heisst «SERO – Suizidprävention: Einheitlich Regional Organisiert». Es will von 2021 bis 2024 die Anzahl an Suiziden und Suizidversuchen im Versorgungsgebiet der Luzerner Psychiatrie AG (lups) senken. Hierfür werden vier Massnahmen eingesetzt: Fachpersonen und Suizidgefährdete führen gemeinsam eine Suizidrisikoeinschätzung mittels PRISM-S-Methode durch. Daraufhin wird ein individueller Sicherheitsplan für die Gefährdeten erarbeitet, der zum Beispiel Frühwarnzeichen und Anlaufstellen enthält. Angehörige besuchen einen Ensa-Kurs zum Thema Suizidprävention (Ensa steht für «Erste Hilfe für psychische Gesundheit », www.ensa.swiss.de). Und eine Selbstmanagement- App, die voraussichtlich im Dezember 2022 zur Verfügung stehen wird, unterstützt die Gefährdeten beim Monitoring ihrer aktuellen Suizidalität. In der Projektgruppe von SERO sind der Spitex Kantonalverband Luzern, die Spitex Obwalden und die Spitex Stadt Luzern vertreten. Schliesslich soll auch hier die Spitex in die «gemeinsame Suizidprävention durch geteilte Verantwortung» einbezogen werden, wie es im Projektbeschrieb von Gesundheitsförderung Schweiz heisst. Laut Nicole Zeller, Mitglied der Geschäftsleitung der Spitex Stadt Luzern, ist das Projekt auf Kurs. «Die Mitarbeitenden unserer Psychiatrieteams sind alle durch die lups geschult worden und arbeiten mit dem Einschätzungsinstrument PRISM-S sowie dem Sicherheitsplan », sagt sie. Mehr Informationen unter www.sero-suizidprävention.ch oder https://gesundheitsfoerderung.ch/pgv/ aktuelle-foerderrunde/ausgewaehlte-projekte/sero.html

Prävention im Bereich Ernährung und Mundhygiene
Dass sich die Spitex vielfältig gegen Mangelernährung einsetzt,
wurde im «Spitex Magazin» bereits berichtet (vgl. Ausgabe
3/2021). Am präventiven Engagement für eine gute Ernährung
und Mundhygiene im Alter ist die Spitex zum Beispiel im Rahmen
des Pilotprojekts «minimal einmal» in den Kantonen Basel-
Stadt und Basel-Landschaft beteiligt. Dieses ebenfalls von
Gesundheitsförderung Schweiz geförderte Projekt wurde vom
Verein «Aktion Zahnfreundlich» lanciert und dauert von August
2020 bis Sommer 2023. Zentral sind dabei dreistündige Schulungen
der Spitex-Mitarbeitenden zu Themen wie Mundgesundheit,
bedarfsgerechte Ernährung für ältere Menschen und Zahnpflege.
Für betreuende Angehörige, Freiwillige und Interessierte
werden zudem Veranstaltungen organisiert, um den Austausch
und die Vernetzung zu fördern. Weiter wurden für alle Zielgruppen
verschiedene Hilfsmittel, Flyer und Fachmaterialien erstellt.
«Das Ziel ist, älteren Menschen durch die Mithilfe der Spitex aufzuzeigen,
dass die Mundhygiene ‹minimal einmal› pro Tag
durchgeführt werden sollte, um die Mundgesundheit und somit
die Ernährungssituation nachhaltig positiv zu beeinflussen», erklärt
Projektleiterin Melanie Loessner. Bisher seien zehn Schulungen
bei Spitex-Organisationen durchgeführt wurden, und die
Rückmeldungen der Teilnehmenden seien durchwegs positiv.
«Leider haben wir aufgrund des Projektstarts zeitgleich mit der
Pandemie die gewünschte Anzahl Schulungen und Informationsveranstaltungen
bisher nicht erreichen können und hoffen
auf einen rasanten Endspurt», sagt sie. Bis Frühsommer 2023
könnten noch Schulungen und Informationsveranstaltungen für
Spitex-Organisationen beider Basel angefragt und durchgeführt
werden. Interessierte können sich melden unter: minimaleinmal@
zahnfreundlich.ch
. Mehr Informationen und Bestellmöglichkeiten
für kostenloses Informationsmaterial gibts es unter:
www.zahnfreundlich.ch/minimaleinmal
Prävention während Hitzewellen
Die Genfer Spitex imad (institution genevoise de maintien
à domicile) legt grossen Wert auf Prävention – auch in Zeiten
von generellen Gesundheitsrisiken für ihre Klientinnen
und Klienten: Die Organisation setzt während Hitzewellen
seit mehreren Jahren ein Hitze-Dispositiv ein. Sobald der
Kantonsarzt eine Hitzewarnung ausspricht oder einen Hitzealarm
auslöst, nehmen die imad-Mitarbeitenden täglich
telefonisch Kontakt mit Klientinnen und Klienten auf, welche
ein hohes Risiko für Hitzeschäden aufweisen. Die Mitarbeitenden
erinnern die Betroffenen oder auch deren Angehörige
zum Beispiel an Verhaltensweisen, welche solchen
Schäden vorbeugen; und sie helfen beim Erkennen der Anzeichen
von Dehydrierung oder anderen Gesundheitsproblemen
aufgrund der Hitze. Wenn nötig, werden zusätzliche
Spitex-Einsätze durchgeführt, um die Sicherheit der Klientinnen
und Klienten zu gewährleisten. 2022 kam dieser Aktionsplan
während dreier Hitzewellen in der Länge von drei
bis elf Tagen zum Einsatz; über 2500 Klientinnen und Klienten
wurden jeweils täglich kontaktiert. Mehr Informationen
in Französisch: www.imad-ge.ch/canicule

Alle von Gesundheitsförderung Schweiz derzeit unterstützten Präventionsprojekte in der Gesundheitsversorgung können eingesehen werden unter www.gesundheitsfoerderung.ch/pgv/gefoerderte-projekte.html

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