Bündner Spitex setzt auf TikTok

Auf TikTok ist die Spitex kaum präsent. Eine der Ausnahmen bilden die Bündner Spitex-Organisationen – und scheuen dabei keine Kritik.

KATHRIN MORF. 94 Prozent der Schweizer Unternehmen und Organisationen nutzen zwar Social Media, «aber mit wenig Innovation und Dialog». So lautet die Bilanz der «Bernet ZHAW Studie Social Media Schweiz», die im Dezember 2022 veröffentlicht wurde. Die Studie ergab zudem, dass die boomende Plattform TikTok geschäftlich selten genutzt wird.

Die Bündner Spitex-Organisationen beschlossen im Sommer 2022, all diesen Ergebnissen zu trotzen: Im Rahmen eines zweieinhalb Jahre dauernden Pilotprojektes begannen sie, TikTok systematisch zu bewirtschaften, was in der Spitex-Branche noch eine Seltenheit ist. «Wir entschieden uns für TikTok neben Facebook und LinkedIn, weil man vor allem dort die jungen Menschen erreicht, die vor der Berufswahl stehen oder mittendrin stecken», erklärt Monika Schnoz, Projektleiterin und Co-Geschäftsführerin vom Spitex Verband Graubünden. Für die Finanzierung und Organisation des TikTok-Auftritts spannte die Spitex mit den Heimen zusammen – im Rahmen der gemeinsamen Kampagne «I love my job». «Im Kanton Graubünden verfolgen Heime und Spitex gemeinsam das Ziel, mehr junge Menschen für die Pflege zu gewinnen», sagt sie. Nun hat der TikTok-Account «Spitex Pflegeheime Graubünden» bereits 2327 Follower [Stand: 07.02.2023].

Junge Menschen sind zuständig
Reichweite, Image-Arbeit und Sichtbarkeit sind laut der Studie die häufigsten Ziele der Social-Media-Nutzung. «Auch wir wollen dank TikTok unseren Bekanntheitsgrad erhöhen und das Image der Langzeitpflege weiter verbessern», erklärt Monika Schnoz. Weil junge Menschen am besten durch andere junge Menschen erreicht werden, hat die Projektleiterin die jungen Inhaber der Zürcher Agentur Finna mit dem Bewirtschaften von TikTok betraut. In den Videos auf dem Kanal kommen zudem junge Mitarbeitende zu Wort, darunter Spitex-Botschafter Silas. Der 17-Jährige befindet sich im 2. Lehrjahr zum Fachmann Gesundheit (FaGe) und war auf TikTok erstmals im November 2022 zu sehen: Für das Demonstrieren einer Anziehhilfe erntete er über 2000 Likes. In weiteren Videos hat er seither zum Beispiel über die Einsamkeit seiner Klientinnen und Klienten gesprochen – und darüber, dass er sich mehr Männer in der Pflege wünscht. «Wir wählten bewusst einen Mann als Spitex-Botschafter, um zu zeigen, dass der Beruf auch für Männer geeignet ist», sagt Monika Schnoz.

Kritische Kommentare lasse man stehen, solange diese «nicht unter der Gürtellinie sind». In vielen dieser Kommentare wird wegen der Arbeitsbedingungen von der Pflege abgeraten. «Die Diskussion über die Arbeitsbedingungen darf auf unserem Profil stattfinden», so Monika Schnoz. «Wir wollen ein realistisches Bild der Pflege vermitteln, damit jeder Mensch überlegen kann, ob sie das Richtige für ihn ist.» In einem Video weist Silas sogar explizit auf die negativen Kommentare hin und führt aus, dass er die Arbeitsbedingungen bei der Spitex anders erlebe. Zweiflerinnen und Zweiflern rät er, sich für eine Schnupperlehre zu bewerben.

Der Erfolg des TikTok-Auftritts wird laufend analysiert. «Mit den externen Reaktionen und mit über einer halben Million Views sind wir bisher sehr zufrieden», sagt Monika Schnoz. «Doch auch die Innenwirkung ist zentral: Erfreulicherweise lassen interne Rückmeldungen darauf schliessen, dass wir mit unserer TikTok-Präsenz zum Berufsstolz und Zusammengehörigkeitsgefühl in unseren Organisationen beitragen können.»

Monika Schnoz in der erweiterten Redaktion
Monika Schnoz, Co-Geschäftsführerin des Spitex Verbands Graubünden, ist neu Mitglied der «erweiterten Redaktion» des «Spitex Magazins». Das Gremium besteht aus Vertreterinnen und Vertretern von Spitex-Kantonalverbänden, welche die Redaktion beraten, das Magazin prüfen und an der Themenauswahl mitarbeiten. Die Redaktion freut sich auf die Zusammenarbeit mit Monika Schnoz.

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